© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/19 / 08. Februar 2019

Sinn Fein wittert Morgenluft
Brexit: Irlands Premier Leo Varadkar sieht sich unter Druck und kritisiert Drohungen aus Brüssel
Josef Hämmerling

Im Zuge der umstrittenen Backstop-Frage beim Brexit nimmt der Druck auf Irland zu. Aufgeschreckt durch Meldungen, daß die Regierung der irischen Republik auch im Fall eines harten Brexits Grenzkontrollen zu Nordirland vermeiden wolle, kommen nun aus der EU warnende Stimmen. So meinte etwa der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament Manfred Weber (CSU): „Wenn wir den Binnenmarkt zerstören, ist die EU am Ende.“ Denn genau dieses würde nach Ansicht Webers passieren, sollten die Iren keine Grenzkontrollen einführen. Und Elmar Brok von der CDU, Mitglied im Brexit-Gremium, drohte sogar damit, im schlimmsten Fall „müßten wir eine Zollgrenze gegenüber Irland errichten“. Damit würde Irland aber praktisch aus der EU-Zollunion hinauskatapultiert. 

Sorge um Aufflammen von Unruhen in Nordirland

Irlands Premier Leo Varadkar sieht das natürlich ganz anders und äußerte sein Unverständnis zu den Drohungen. Damit werde der Druck, der eigentlich Großbritannien gelten sollte, nun auf einmal auf Irland verlagert. Doch scheint dieser Druck Wirkung zu zeigen. Denn gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte Varadkar, komme es wirklich zum harten Brexit, könnte seine Regierung sich entschließen, „Leute in Uniform“ sowie eine „physische Infrastruktur wie Kameras und womöglich Polizeipräsenz und Militär zur Unterstützung“ an der Grenze einzusetzen. Man hoffe aber noch immer auf eine einvernehmliche Lösung zwischen der EU und Großbritannien in dieser Frage.

Die sowohl in der Republik Irland als auch in Nordirland aktive Partei Sinn Fein sieht aufgrund der aktuellen Situation sogar Chancen für eine Wiedervereinigung beider Staaten. Parteichefin May Lou McDonald rief auf einer Kundgebung am Wochenende in Dublin ihre Landsleute auf: „Nun ist die Zeit.“ Schließlich habe sich auch die nordirische Bevölkerung für einen Verbleib in der EU ausgesprochen, ganz abgesehen davon, daß eine Mehrheit sich ohnehin für ein Ende der seit 1922 geltenden Teilung ausspreche. Pessimisten auf beiden Seiten befürchten im Fall eines harten Brexits und der Wiederaufnahme der Grenzkontrollen sogar neue gewalttätige Unruhen in Nordirland.

Der einflußreiche Tory-Abgeordnete Steve Baker warnte dagegen Premier Theresa May vor zu großen Zugeständnissen gegenüber der EU. Die Fraktion befürworte zwar eine gewisse Bewegung in der Nordirland-Frage, aber keine neuen Zugeständnisse an die EU“, twitterte Baker. Dagegen betonte der konservative Minister für internationalen Handel, Liam Fox, daß er sich unter den richtigen Bedingungen einen späteren Brexit als Ende März vorstellen könne.