© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/19 / 08. Februar 2019

Die Gründe für den Niedergang einst stolzer Geldhäuser
Bürger in Geiselhaft
Thorsten Polleit

Seit 2006 haben die Börsenkurse der Banken im Euroraum 77 Prozent ihres Marktwertes verloren. Die Kursverluste der Deutschen Bank liegen sogar bei 89 Prozent, die der Commerzbank bei mehr als 96 Prozent. Die Gründe für den Niedergang sind vielfältig, und es gibt nach wie vor zu viele Geldhäuser. Die staatliche Regulierung verkleinert die Gewinnmöglichkeiten, die Ertragspotentiale leiden unter der EZB-Nullzinspolitik. Der Euro-Bankenapparat hatte Ende 2018 eine Bilanzsumme von 292 Prozent des Eurozonen-Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die US-Banken weisen eine Bilanzsumme von nur 81 Prozent des heimischen BIP auf.

Das liegt vor allem daran, daß die Kapitalmarktfinanzierung von Firmen in den USA verbreiteter ist als in Europa. Die Banken im Euroraum halten Kredite meist in ihren Bilanzen, während US-Banken Darlehen verbriefen und bei Investoren plazieren. Die gewaltige Bilanzsumme der Euro-Banken ist problematisch: Sie brauchen Eigenkapital, um Kredite vergeben zu können. Schrumpft ihr Eigenkapital, weil es Kreditausfälle gibt, müssen sie ihr Kreditangebot kürzen oder neues Eigenkapital von außen beschaffen.

Wenn Banken nicht bereit und in der Lage sind, neue Kredite zu vergeben und Kreditnehmer auffordern, ihre fälligen Kredite zurückzuzahlen, verringert sich die volkswirtschaftliche Geldmenge. Das wiederum übt Abwärtsdruck auf die Güterpreise aus und kann eine Abwärtsspirale in Gang setzen: Es kommt zu Kreditausfällen, Verlusten in den Bankenbilanzen, die Kredit- und Geldmengenverknappung verschärfen sich. Am Ende steht die große Rezession-Depression.

Politisch wird man dies mit allen Mitteln aufhalten wollen. Und im Notfall, wenn sich also keine Investoren finden, wird folgendes passieren: Das Geld der Steuerzahler wird verwendet, um das Kapital der Banken aufzupolstern. Oder aber, wenn das nicht reicht oder auf zu großen Widerstand stößt, werden sich die Staaten bei der EZB verschulden, und die dabei neu geschaffenen Euro werden als Eigenkapital in die Banken eingezahlt. Das Ergebnis: eine Verstaatlichung der Banken.

Wie konnte es dazu kommen, daß die Banken die Bürger in Geiselhaft nehmen können? Der Euro ist ein ungedecktes Papiergeld, das in beliebiger Menge geschaffen werden kann. Die EZB hat von Beginn an eine extrem laxe Geldpolitik verfolgt, die vor allem den Euro-Banken zugute kam. Sie konnten so immer mehr Kredite vergeben, wachsen und Gewinne machen. Doch der ganze Wahnsinn ist spätestens 2008, dank der noch verbliebenen, auf Änderung drängenden Marktkräfte, aufgeflogen. Zurück bleibt ein gigantischer Sanierungsfall, der die Euro-Volkswirtschaften überfordern und an dem der Euro scheitern könnte.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirtschaftler und Präsident des Mises-Instituts.

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