© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/19 / 08. Februar 2019

Umstrittener Hype
Soziale Netzwerke: Die chinesische App „Tik Tok“ wird bei Jugendlichen immer beliebter / Datenschützer warnen
Christian Schreiber

Was die Älteren unter uns unwillkürlich an das Lutschdragee Tic Tac denken läßt, entwickelt sich mehr und mehr zu einem neuen Mitspieler auf dem Markt der Sozialen Netzwerke. Die aus China stammende mobile Anwendung Tik Tok, die besonders für Lippensynchronisation und effektvolle  Musikvideos bekannt ist, erfreut sich bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zunehmender Beliebtheit. 

Die App hat ein solch rasantes Wachstum hinter sich, daß sich der bisherige Platzhirsch Instagram dazu genötigt sah, weitere technische Neuerungen einzustellen. Denn während es bei „Insta“ oder auch Snapchat bislang nur möglich war, Videos in einer Länge von maximal 15 Sekunden online zu stellen, sind bei Tik Tok Aufnahmen von bis zu fünf Minuten möglich. Zudem bietet das Programm als eines der ersten die Möglichkeit an, eigene Videos mit Musik zu hinterlegen – bei beiden Punkten hat Instagram mittlerweile nachgezogen. 

Tik Tok hat schätzungweise 500 Millionen Nutzer – genaue Zahlen werden nicht bekannt gegeben. Im Oktober war sie weltweit die am häufigsten heruntergeladene App bei Apple und Google und schob sich vor Facebook, Youtube oder Instagram. Insgesamt konnte sie im dritten Quartal 2018 ein Wachstum von fast 440 Prozent aufweisen. 

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Die Möglichkeit zur öffentlichen Selbstdarstellung in Minutenlänge sei ein Risiko vor allem für junge Mädchen. Neben dem schwierigen Umgang mit negativen Kommentaren sei die App auch ein gefundenes Fressen für Pädophile. Indonesien ließ Tik Tok daher kurzzeitig verbieten – bis die Verantwortlichen versprachen, mehr auf den Jugendschutz zu achten. Laut der aktuellen JIM-Studie zu Mediengewohnheiten der Zwölf- bis 19jährigen durch den Medienpädagogischen Forschungsverband  ist jeder sechste der Zwölf- bis 13jährigen regelmäßig auf Tik Tok. „Sie freuen sich darüber, ihre Stars nachzuahmen, selbst einige Sekunden Online-Ruhm einzuheimsen oder an den zahlreichen Challenges teilzunehmen“, heißt es in der Analyse. Allerdings hagle es in einem derart öffentlichen Raum neben Zustimmung und Lob eben auch negative Reaktionen und Beleidigungen. 

Datenschützer haben mittlerweile ebenfalls Bedenken angemeldet. Denn das Netzwerk behalte sich vor, Inhalte auf anderen Plattformen zu teilen, was vor allem bei Minderjährigen „hochproblematisch“ sei.