© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/19 / 22. Februar 2019

Sammelsurium aus dem Krieg
Gustav Rust dokumentiert deutsche Soldatenschicksale
Friedrich Hohenstein

Von den Soldaten des Zweiten Weltkrieges leben heute nur noch sehr wenige, selbst die 16jährigen, welche bei Kriegsende zur Wehrmacht eingezogen wurden und an der Front kämpfen mußten, sind jetzt über 90 Jahre alt. 

Um so mehr sollte man die Fleiß- und Forschungsarbeit von Gustav Rust würdigen, der – vielleicht etwas laienhaft –, aber in aufgelockerter Form und gut lesbar „dem einfachen Soldaten ein Denkmal setzen“ will. Es ist eine Darstellung sehr vieler ihrer Berichte und Lebensschicksale, begleitet von einem Sammelsurium aus Fotos von der Front, aber auch vom Reichsarbeitsdienst, Dokumenten wie einer „Eheunbedenklichkeitsbescheinigung“ sowie Wehrpaß, Soldbuch oder Einberufungsbefehlen zur Wehrmacht. 

Viele private Bilder zeugen vom Feldzug gegen Sowjetrußland. Selbst ein Luftpostbrief aus Stalingrad fehlt nicht. Die Todesnachrichten und die häufigen Vermißtenanzeigen von der Front, selbst ein Todesurteil von 1944 wegen Fahnenflucht, das alles spiegelt anschaulich die folgenden Kriegsjahre wider. Prägnant ist eine Ostpreußen-Feldpost von Ende März 1945 mit markigen Hitler-Zitaten und der Durchhalte-Parole „Tapfer und treu“. Die Briefe der Frontsoldaten in die Heimat lassen aber auch ein Nachlassen von Abwehrkraft und -willen spüren, wie im letzten Bericht aus dem verbissen umkämpften Kessel von Halbe vom 29. April 1945.

Der nächste Abschnitt des Buches zeigt kurze Lebenszeichen aus westalliierter Kriegsgefangenschaft an die Angehörigen und schließlich Entlassungsscheine. Hinweise erschließen die damalige Mühsal des „Suchdienstes für vermißte Deutsche“ in München, die allerdings nicht in der sowjetischen Besatzungszone wirken durfte. Dort gerieten aus westlicher Kriegsgefangenschaft entlassene Soldaten nicht selten in sowjetische Kriegsgefangenschaft oder fanden sich in GPU-Kellern wie im früheren KZ Sachsenhausen oder in einem Lager irgendwo in Sibirien wieder.

Diese heute meist vergessenen Schicksale ruft der 1940 geborene Autor, der wegen „staatsfeindlicher Hetze“ neun Jahre in DDR-Haft saß, anschaulich wach. Für Geschichsinteressierte und Historiker dürfte das Buch dieses Patrioten eine wahre Fundgrube sein.

Gustav Rust: Schicksale deutscher Soldaten. Dokumentation. Polit-Verlag Gustav Rust, Berlin 2018, broschiert, 463 Seiten, 42 Euro