© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/19 / 01. März 2019

Knapp daneben
Grenzen der Narrenfreiheit
Karl Heinzen

Bernd Stelter ist ein Spätopfer der 68er. Hätte es den durch sie angestoßenen Wandel nicht gegeben, wäre er heute vermutlich ein großer Fernsehstar und man würde ihn als würdigen Nachfolger von Peter Frankenfeld feiern. Unter den Bedingungen der modernen Bundesrepublik jedoch reicht es bei ihm nur zum Kölner Karneval. In diesem ist er in der Rolle des „Werbefachmanns“ seit über drei Jahrzehnten ein Schwergewicht. Mit Schlagern wie „Ich hab drei Haare auf der Brust, ich bin ein Bär“, „Hörst du die Regenwürmer husten“ und „Kleine Zaubermaus“ ist er in die Musikgeschichte eingegangen. 

Bernd Stelter lebt mit seiner Frau in einem Reihenhaus in Hersel am Rhein, und aus diesem Milieu mit seinen Gartenfesten im Sommer, bei denen man sich zu Grillwurst und Kölsch aus dem Partyfäßchen über Gott und die Welt austauscht, schöpft er die Inspiration für seine Kunst. Seine Warte ist die des einfachen Mannes. 

Obwohl es sich um Comedy handelte, müsse die Dame Witze über Doppelnamen nicht hinnehmen

Das klingt harmloser als es ist, denn mit diesem einfachen Mann fertigzuwerden, ist einfach und kompliziert zugleich. Einfach ist es, weil er über die drei entscheidenden Ressourcen Vermögen, Bildung und Beziehungen nur in geringem Umfang verfügt. Kompliziert ist es, weil ihn seine Naivität zu Schlußfolgerungen treibt, die in der Öffentlichkeit besser nicht gezogen werden. Während einer Fernsehaufzeichnung hat Stelter nun erkennen müssen, daß auch er seine Worte besser wägen sollte. Eine scherzhafte Bemerkung über Doppelnamen im allgemeinen und jenen von Annegret Kramp-Karrenbauer im besonderen provozierte den lautstarken Protest einer Zuschauerin, die zur Bühne eilte und ihm die Leviten las. Seine Ausflüchte, es handele sich doch um Comedy, ließ sie nicht gelten. Sie trage einen Doppelnamen und müsse Scherze wie diese daher nicht hinnehmen. 

Stelter meint, den Vorfall auf die leichte Schulter nehmen zu können, indem er sich auf die Narrenfreiheit beruft. Doch auch ihr sind Grenzen gesetzt. Comedy darf sich zwar gegen jene austoben, die diese Gesellschaft unterminieren und spalten. Alle anderen aber haben ein Recht darauf, nur das zu hören, was sie auch hören wollen.