© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/19 / 08. März 2019

Pierre de Villiers. Frankreich bewundert den General, der Macron schlecht aussehen läßt
Pour la France
Jürgen Liminski

Freunde und ehemalige Kameraden charakterisieren General a.D. Pierre de Villiers mit drei Worten: Loyal, überzeugungsstark, dienstbereit. Diese drei Eigenschaften sind es auch, die immer wieder in den Büchern auftauchen, die der ehemalige Generalstabschef Frankreichs nach seinem Rücktritt im Juli 2017 geschrieben hat. Das erste – beide sind bislang nicht auf deutsch erschienen – trägt den Titel „Dienen“ und ist autobiographisch. Das zweite heißt „Was ist ein Chef?“ und beschreibt den Zustand der französischen Gesellschaft. In keinem kritisiert er den Staatspräsidenten direkt. Nur einmal läßt er durchblicken, warum er seinen Hut nahm: Die öffentliche Kritik Emmanuel Macrons an ihm in Gegenwart von Diplomaten und seines US-Amtskollegen, „vor den Familien der Gefallenen und Verwundeten dieses Jahres“ hatte das Vertrauen zum Präsidenten gebrochen. Es war das erste Mal in der Geschichte der Fünften Republik, daß ein Generalstabschef demissionierte. Seit diesem Rücktritt, den Macron zunächst nicht annehmen wollte, weiß der hochdekorierte Soldat, daß er „seinem Land auf andere Weise dienen“ werde.

Pierre de Villiers, geboren 1956 in der westfranzösischen Vendée, hält zahlreiche Vorträge und berät Kanzleien. Seine „andere Weise“ hat sich bisher noch nicht weiter konturiert. Etliche unter den Gelbwesten wünschen ihn sich als Unterstützer oder gar Chef im Elysée, dem Präsidentenpalast, oder wenigstens auf einer Wahlliste. Vielleicht tritt er bei der Präsidentschaftswahl 2022 als unabhängiger Kandidat an, parteipolitische Ziele hat er nach eigenem Bekunden jedenfalls nicht.

Der Dienst für sein Land richtet sich auf zwei Ziele: Einheit und Hoffnung. Auch das eine versteckte Kritik an Macron, denn die Einheit, so der Offizier, „ist notwendig angesichts der Brüche, des Zerfalls der Gesellschaft und des wachsenden Egozentrismus“. Und die Hoffnung nähre sich „aus dem Vertrauen in den Menschen und seine Fähigkeiten und Werte“. Die Chefs von morgen müßten „die Einheit bewahren und Anlaß sein für Hoffnung. Mehr denn je sollten sie dienen, denn jede Autorität erfüllt sich im Dienen“. 

De Villiers gehört zur stillen Reserve Frankreichs. Zu ihr kann man auch Marion Maréchal (bis 2018 Maréchal-Le Pen) zählen oder Laurent Wauquiez, Chef der konservativen Republikaner, und eine Reihe junger Abgeordneter seiner Partei. Mit ihnen teilt der 62jährige seine Skepsis gegenüber Auswüchsen der EU und supranationalen Visionen. Sein Wahlspruch, den er 1975, als er in die Offiziersschule Saint-Cyr eintrat, erkor, lautet: „Meine Seele für Gott, mein Leib für das Vaterland, mein Herz für die Familie!“ Daraus könnte man schon ein politisches Programm ableiten. Das um so mehr, als der praktizierende Christ, der sechs Kinder hat, dieses Motto geradezu verkörpert. Doch einstweilen läßt er sich Zeit.