© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/19 / 08. März 2019

Angst essen Tatsache auf
AfD II: Schüchtern Mitarbeiter der Fraktion im Bundestag andere Beschäftigte ein? / Ein Bericht des Spiegel beruht auf dürrer Faktenlage
Christian Vollradt

Haß, Waffen, Angst. Drei Alarm-Worte, angereichert mit dem Parteikürzel AfD – fertig ist der Skandal. Zumindest für das Nachrichtenmagazin Spiegel, das vergangene Woche einen solchen im Bundestag witterte. Tenor: Mitarbeiter der größten Oppositionsfraktion schüchtern andere im Parlament Beschäftigte ein, pöbeln, starren, verbreiten Schrecken. So sehr, daß die Verwaltung die Zugangsregeln zu ändern gedenkt, damit künftig niemand mehr sein Taschenmesser mit ins Hohe Haus nehmen darf. 

Besonders bedroht fühlten sich laut Spiegel-Bericht „Bundestagsmitarbeiter, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen oder für Abgeordnete arbeiten, die das tun“. Nicht wenige in der AfD lesen dies wiederum als Umschreibung für jene Kräfte, die sich als Anhänger der „Antifa“ bekennen – und ihrerseits keine Berührungsängste mit dem linksextremen Spektrum haben, was dann etwa mit Plakaten in den Fluren kundgetan wird (JF 30/18). Auch AfD-Angestellte können von blöden Sprüchen auf dem Flur oder in der Kantine berichten; und von Begegnungen mit Leuten, die zu später Stunde offenkundig die Namensschilder an Bürotüren der Fraktion forografierten. 

Lächerlich findet ein AfD-Mitarbeiter die Behauptung einer nicht näher bezeichneten Bundestagsbeschäftigten im Beitrag des Magazins, wonach sie als Vorsichtsmaßnahme die Bürotür verriegle und vermeide, nachts noch allein auf den Fluren unterwegs zu sein. „Da kann sie ganz unbesorgt sein“, meint der Mann augenzwinkernd, „um diese Zeit sitzen wir doch gar nicht mehr im Büro, sondern schon längst am Tresen.“ Was belegbare Fakten angeht, ist die Situation offenbar weit weniger dramatisch. So wurden in der laufenden Wahlperiode bisher „zwei Ermittlungsverfahren durch die Polizei beim Deutschen Bundestag eingeleitet, nachdem jeweils eine Anzeige erstattet worden war“, teilte die Pressestelle des Parlaments auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Ob es sich bei den Beschuldigten, gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, um AfD-Mitarbeiter handelt, konnte dabei nicht beantwortet werden. Begründung: „Die Bundestagsverwaltung macht zu Einzelfällen grundsätzlich keine Angaben.“

Für perfide hält man in der AfD-Fraktion die Spiegel-Andeutung über einen „Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten, der einem rechtsextremen Bundeswehrnetzwerk um Franco A. zugerechnet wurde, gegen den die Bundesanwaltschaft ermittelt“. Anhand früherer Berichte ist klar, daß es sich hierbei um Maximilian T. handeln soll, Mitarbeiter des hessischen Bundestagsabgeordneten Jan Nolte (AfD). Sein Fall war durch die Medien gegangen, als ihm die Bundestagspolizei einen Hausausweis für das Parlament verweigerte (JF 18/18). 

Was der Beitrag nicht erwähnt: Bereits im Oktober hatte der Generalbundesanwalt das Ermittlungsverfahren gegen T. eingestellt; für die erlittene Untersuchungshaft erhält der Oberleutnant eine Entschädigung. Warum von ihm eine Gefahr ausgehen soll, ist rational nicht zu begründen; und erst jüngst hatte die Bundesregierung noch einmal betont, es gebe keine Erkenntnisse über die Existenz rechtsextremer Netzwerke in der Bundeswehr. T. teilte der jungen freiheit mit, sein Anwalt prüfe nun rechtliche Schritte gegen den Spiegel. Man müsse „die Ansprüche an die eigenen journalistischen Standards schon weit zurückschrauben, um die Realität so zu verdrehen“, meint auch der Abgeordnete Jan Nolte. 

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Zeit über angebliche – so die Überschrift – „Schubser von der AfD“ berichtet. Darin hieß es, der Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten habe einen anderen im Bundestag beschäftigten Mann tätlich  angegangen. Doch laut Zeugen soll der angeblich Attackierte die Auseinandersetzung provoziert haben, indem er ungebeten in Büros der AfD erschienen sei und herumgepöpelt habe. Wer den Artikel auf Zeit online aufruft, erhält inzwischen eine Fehlermeldung.