© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/19 / 15. März 2019

Tulsi Gabbard könnte für die Demokraten bei der Wahl 2020 gegen Trump antreten.
Mit Aloha ins Weiße Haus
Thorsten Brückner

Die Felder Iowas sind schneebedeckt, die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Drinnen in einer Turnhalle spricht eine Frau, der es sichtlich gelingt, die Herzen der Menschen zu erwärmen. Tulsi Gabbard kommt an diesem Februartag nicht nur mit dem von ihr viel beschworenen Aloha-Geist ihrer Heimat Hawaii in den Mittleren Westen der USA. Ruhig und unaufgeregt wiederholt die Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses dort auch immer wieder die Botschaft, die neben dem Blumenkranz zum Markenzeichen ihrer Kandidatur geworden ist, an deren Ende sie 2020 Donald Trump im Weißen Haus beerben will: „Beendet die Kriege, holt unsere Truppen heim.“

Gabbard weiß, wovon sie spricht. 18 Monate war sie als junge Frau im Irak stationiert. Ihre beiden Einsätze sollten ihre Haltung zum Krieg verändern. Als Veteranin kenne sie dessen Preis, hält sie Kritikern entgegen. Die heute 37jährige, die 2002 als jüngste Abgeordnete in der Geschichte in das Repräsentantenhaus von Hawaii gewählt wurde, ist nicht nur was militärische Konfrontationen angeht die personifizierte Anti-Hillary.

Auch ihr Politikstil unterscheidet sich von der gescheiterten Ex-Außenministerin diametral. Ihr Umgang mit Menschen ist herzlich und authentisch. Das verschafft ihr Glaubwürdigkeit. Die hat sie sich in der Vergangenheit auch durch prinzipientreues Verhalten erworben. Um im Vorwahlkampf 2016 Clintons Gegner Bernie Sanders unterstützen zu können, mußte sie den Vizevorsitz des Bundesverbandes der Demokraten niederlegen.

Nach dem Sieg Trumps traf sie sich als einige von wenigen Demokraten mit dem Gottseibeiuns der Linksliberalen. Berührungsängste mit Republikanern hat sie schon aus familiären Gründen nicht. Als ihr Vater Mike 2006 erstmals in den Senat Hawaiis gewählt wurde, saß er dort zunächst für die „Grand Old Party“.

Auch sonst beweist die begeisterte Surferin, daß sie mit der anderen Seite zusammenarbeiten kann. Ihr jüngster Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis wurde von ihrem republikanischen Kollegen Justin Amash mitunterzeichnet. 2015 unterstützte sie gegen den Willen von Präsident Obama den „Safe Act“, der bessere Überprüfungen von Asylbewerbern vorsah. Anders als ihre Parteifreunde scheut sich die Hinduistin auch nicht, vom „radikalen Islam“ zu sprechen. Eine andere Überzeugung aus ihrer Vergangenheit verziehen ihr ihre innerparteilichen Kritiker aber nicht. Wohlwissend, daß dies im aktuellen politischen Klima ihre Ambitionen zum Scheitern verurteilt hätte, mußte Gabbard für ihr früheres Eintreten gegen die Homo-Ehe Abbitte leisten. Größtes Hindernis auf dem Weg ins Oval Office ist ausgerechnet der Mann, den sie noch vor drei Jahren unterstützt hatte. Die erneute Kandidatur Bernie Sanders’ wird sie, angesichts der inhaltlichen Nähe, viele Stimmen kosten.