© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/19 / 15. März 2019

Ländersache: Sachsen
Zweifelhafte Aufträge
Paul Leonhard

Wer an öffentliche Aufträge in Sachsen gelangen will, muß offenbar bei der CDU einen Stein im Brett haben. Das Innenministerium jedenfalls stört sich nicht daran, der Leipziger Agentur Westend Communication GmbH, einst für die schiefgegangene Olympiabewerbung Leipzigs zuständig, ohne Ausschreibung im Spätsommer 2018 einen lukrativen Beraterauftrag zugeschoben zu haben. Geschäftsführer Peter Zimmermann, früherer Regierungssprecher in Sachsen und Thüringen, soll für seine zwölftägige Beratertätigkeit rund 22.000 Euro erhalten haben. 

„Offenbar schieben sich innerhalb der CDU Politiker gut dotierte Aufträge zu“, kritisierte jetzt der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag, André Barth, die neue Affäre. „Herr Zimmermann war Angestellter der CDU-geführten Staatsregierung und bekommt einen lukrativen Beratervertrag zugeschanzt – das hat mehr als ein Geschmäckle.“ Warum das Innenministerium trotz einer vorzeitig beendeten Zusammenarbeit fast das komplette Honorar gezahlt habe, verwundert auch die Sächsische Zeitung, die die Angelegenheit als erste öffentlich gemacht hatte: Eine „nachvollziehbare Erklärung für diesen Widerspruch gibt es bisher nicht“, konstatiert das Blatt. Das Innenministerium würde „weitere Anfragen regelmäßig abwehren“ und lediglich von einer „marktüblichen Summe“ sprechen. 

Ähnlich seltsam verhielt es sich auch im Fall des Dresdner Unternehmens Stawowy – Kommunikation, Medien, Politik. Dem Landtagsabgeordneten Carsten Hütter (AfD) war aufgefallen, wie viele öffentliche Auftraggeber die PR-Leute auf ihrer Internetseite als Kunden auflisten. Vertreten sind so gut wie alle Ministerien, die Staatskanzlei, die Landeszentrale für politische Bildung, der Landtag, die Landeshauptstadt, die Landesdirektion, das sächsische Bildungsinstitut und das Landesamt für Schule und Bildung. 

Durch die Antworten auf sieben Kleine Anfragen Hütters zum Thema Auftragsvergaben durch die Staatsregierung kam ans Licht, daß sich „hier die politische Nähe der Inhaber zur CDU/SPD-Staatsregierung“ augenscheinlich „in barer Münze für die Firma Stawowy“ auszahlte, wie Hütter konstatiert. Mehr als 800.000 Euro hat die schwarz-rote Staatsregierung demnach an die umtriebigen PR-Leute für Flyer, Websites, Workshops, Konzeptionen, Moderationen und anderes bezahlt.

Besonders verbunden zeigte sich der Geschäftsbereich Gleichstellung und Integration des Ministeriums für Soziales und Verbraucherschutz. Für diesen durfte Stawowy 2016 eine Broschüre zum Thema Integration (50.071,63 Euro), 2017 Lernmaterial im Bereich Integration (8.341,90 Euro), eine Kampagne zum Thema Vielfalt der Lebensweisen (20.940,63 Euro) und 2018 einen wöchentlichen Newsletter (38.841,60 Euro) erstellen. Das Innenministerium teilte mit, Stawowy 2015 für zwei Anzeigen und einen Auftrag zur „Blogbetreuung Asylfakten“ 42.840 Euro gezahlt zu haben, im Folgejahr weitere 27.251 Euro. 

Summen, über die nicht nur Hütter staunte, sondern auch der Präsident des sächsischen Steuerzahlerbundes, Thomas Meyer. Bei einem Gesamtbudget des Integrationsministeriums von 200.000 Euro für Öffentlichkeitsarbeit, seien die geflossenen Gelder bemerkenswert.