© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/19 / 15. März 2019

Frisch gepresst

Macron. Politiker und Journalisten hierzulande feiern den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron hingebungsvoll als europäische Lichtgestalt. Der „Gelbwesten“-Aufruhr  zeigt jedoch, daß seine Untertanen ihren neuen Sonnenkönig illusionsloser betrachten. Solche Zurückhaltung bleibt nicht auf den ausgepreßten Mittelstand beschränkt. Hat sich doch schon, obwohl der einstige Rothschild-Banker kaum zwei Jahre im Amt ist, eine sozialwissenschaftlich seriöse „Macron-Forschung“ etabliert, die die Politik des „Präsidenten der Ultra-Reichen“ kritisch analysiert. Bereits ein Dutzend Biographien und zahllose Aufsätze legte diese von deutschen Leitmedien stur ignorierte „Macronologie“ vor, worauf jüngst Hansgeorg Hermann in seiner Rezension ihres neuesten Produkts hinweist (Junge Welt vom 4. März 2019). Diese kompakte Macron-Biographie des im „Un-Ruhestand“ lebenden Pariser Soziologen-Paares Monique Pinçon-Charlot und Michel Pinçon leuchtet die Netzwerke des politisch-ökonomischen Komplexes hell aus, denen Macron seinen Aufstieg zum Clerk der Hautefinance und seinen  Einzug in den Élysée verdankt. Eine deutsche Übersetzung wäre dem in bester französischer Aufklärungstradition stehenden Büchlein zu wünschen. (dg)

Monique Pinçon-Charlot / Michel Pinçon: Le président des ultra-riches. Chronique du mépris de classe dans la politique d’Emmanuel Macron, Verlag La Découverte, Paris 2019, broschiert,  176 Seiten, 14 Euro





Helmut Schmidt. Dem ehemaligen Hamburger Polizeisenator und späteren Bundeskanzler spürt Zeit-Redakteur Matthias Naß in seinem Essay-Bändchen „Der Elblotse“ nach. Angefangen in der Lichtwarkschule, wo Schmidt 1937 das Abitur ablegte, weiter über die Buchhandlung Götze und den Mützenmacher, dem der Träger der charakteristischen Kopfbedeckungen bis ins hohe Alter die Treue hielt, zeichnet der Autor den Lebensweg des streitbaren Sozialdemokraten nach. Zeitzeugen erinnern sich an den berühmten Sohn der Elbmetropole und steuern manch unterhaltsame Anekdote zu den kurzweiligen 24 Kapiteln bei, die ursprünglich als Kolumnen in der Zeit erschienen sind und zeigen, daß der Politiker Helmut Schmidt ebenso Kunst und Kultur schätzte. Und natürlich seine Zigaretten. (ag) 

Matthias Naß: Der Elblotse, Helmut Schmidts Hamburg, Hoffmann und Campe, Hamburg 2019, kartoniert, 144 Seiten, 18 Euro