© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/19 / 22. März 2019

„Ich rege mich ungern auf“
Interview: Was Billy Six als nächstes plant
Martina Meckelein

Herr Six, welche Zukunftsplanungen haben Sie?

Six: Kurzfristig möchte ich erst einmal zur Ruhe kommen. Da hat mir nach meiner Ankunft schon mal meine Mutter geholfen. Als Willkommens-Essen gab es Bratwurst mit Blumenkohl. Mittelfristig will ich Ordnung in mein Leben kriegen. Ich werde meine Post und unbezahlte Rechnungen sichten. Langfristig will ich ein Buch über Venezuela schreiben.

Sie mögen das Land?

Six: Ja, ich habe mich wohl gefühlt. Venezuela ist sehr preiswert.

Wie empfanden Sie die Haft, als Abenteuer?

Six: Nun, beim Bundeswehrseminar wurde uns Journalisten beigebracht, die Situation der Gefangennahme positiv zu sehen. Einfach, um es psychisch zu überleben. Ich muß auch sagen, daß ich während meiner Zeit im Gefängnis niemals angeschrien, gefoltert oder erniedrigt worden bin. Das einzige, was mich wirklich sauer gemacht hat, war die ständige Frage der Gefängniswärter: „Was machst du?“

Was sollten sie denn in einer Einzelzelle schon machen?

Six: Eben. Ich konnte auf dem Bett liegen und dösen oder lesen. Die Wärter hatten allerdings den Befehl, vor meiner Zelle zu sitzen und mich genau zu beobachten. Manchmal saßen die zu dritt da. Das war wirklich unerträglich.

Wann gewannen Sie den Eindruck, daß die Botschaft Sie nicht ausreichend unterstützt?

Six: Zuerst muß ich erklären, wie die Besuche abliefen. Viermal wurde ich von Botschaftsmitarbeitern besucht. Sie kamen immer zu zweit. Sie fanden in einem Bürozimmer des Sebin statt. Die Botschaftsangehörigen saßen schon im Raum, ich wurde zugeführt. 

Trugen Sie Handschellen? 

Six: Ja. Vor dem Raum wurden mir die Handschellen abgenommen.  Beim ersten Besuch war ja der Botschafter selbst da. Er brachte mir eine Tafel „Ritter Sport“–Schokolade mit. Damals ging ich davon aus, daß die mir helfen wollten. Doch am 8. Februar, beim zweiten Besuch, da brachten die mir übrigens drei Mangos und fünf Bananen mit, die Obsttüte wollten sie mir noch in Rechnung stellen, das kostet dort rund 1 Euro. Also bei dem Besuch kamen mir Zweifel. Denn während dieser Stunde konnte ich mit meinen Eltern telefonieren. Und da sagte mein Vater mir am Telefon, daß es Spannungen und Probleme gäbe. Als ich dann vor dem Militärtribunal stand, hatte ich einmal die Chance, mit meinem Vater zu telefonieren. Da fing ich dann wirklich an zu erwägen, daß etwas nicht stimmt.

Sind Ihre Eltern noch da, oder schon wieder auf Weltreise?

Six: Nein, beide sind hier. Auch sie haben ja einen Haufen an Briefen liegen. Allerdings von Behörden und Ministerien, auch einen vom Bundespräsidialamt. Da steht immer nur dasselbe drin. So nach dem Motto: „Wir haben uns bemüht, setzen uns ein ...“ 

Was erwarten Sie denn, was drinstehen sollte?

Six: Das eigentliche Problem ist doch nicht, daß die sich nicht für meine Freilassung eingesetzt haben. Das eigentliche Problem ist doch, daß sie sie hintertrieben haben. Ich erwarte eine Garantie, daß so etwas niemals und niemandem wieder passiert. Eine Entschuldigung wäre angebracht, aber die halte ich für völlig unrealistisch.

www.jf.de/tv