© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/19 / 22. März 2019

Wankelmut tut selten gut
Portugal: Steht die Partei der nationalen Erneuerung vor einem Erfolg wie Bolsonaro und VOX?
Wolfgang Bendel

Am 23. März wird als erste portugiesische Partei die Partei der Nationalen Erneuerung (PNR; Partido Nacional Renovador) in Lissabon ihre Kandidatenliste für die Wahl zum Europäischen Parlament vorstellen und damit ihre Kandidatur offiziell machen. Die PNR ist eine kleine Rechtspartei, in der auch Anhänger des korporatistischen ehemaligen Premierministers António de Oliveira Salazar aktiv sind. Präsident der PNR ist der 58jährige José Pinto Coelho.

Die Kleinpartei beteiligt sich seit vielen Jahren an allen Wahlen, kam dabei aber niemals über den Nullkomma­bereich hinaus. Ihr bislang bestes Ergebnis erzielte sie mit 0,5 Prozent bei der Parlamentswahl 2015. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn es nicht jüngst im benachbarten spanischen Andalusien der dortigen Rechtspartei VOX gelungen wäre, von 0,3 Prozent auf gleich 11 Prozent zu springen.

Ob der PNR ein ähnlicher Streich gelingt, dürfte vor allem von der Partei Demokratisches und Soziales Zentrum – Volkspartei (CDS-PP; Centro Democrático e Social – Partido Popular) abhängen. Diese Organisation schwankt seit geraumer Zeit zwischen zentristischen, konservativen und populistischen Positionen. Ihre Wankelmütigkeit illustriert ihr Fraktionswechsel im Europäischen Parlament. Dort war sie zunächst Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), wurde dann wegen EU-skeptischer Tendenzen ausgeschlossen und trat zur konservativen Fraktion der damaligen „Union für das Europa der Nationen“ über. Inzwischen ist sie wieder bei der EVP.

Programmatisch ist die Partei EU-skeptisch, lehnt die Abtreibung ab und tritt für schärfere Einwanderungsbestimmungen ein. Aber diese Positionen werden, von der Abtreibungsfrage abgesehen, mit wenig Entschlossenheit vertreten. Die Partei orientiert sich eher an machtpolitischen Notwendigkeiten als an ideologischen Überzeugungen. Von 2011 bis 2015 regierte sie – dank der Tatsache, daß Porutgal keine Sperrklausel hat – in einer Koalition mit der zentristischen Sozialdemokratischen Partei Portugals (PSD), wobei die Handschrift der Kleinpartei kaum sichtbar wurde.

Die erwähnte Abstimmung in Andalusien sowie die Wahl des rechtskonservativen Jair Bolsonaro zum brasilianischen Präsidenten im Oktober 2018 sind Ereignisse, die nicht ohne Auswirkung auf Portugal bleiben können. Dazu sind die persönlichen und kulturellen Beziehungen zwischen der einstigen kolonialen Mutter und dem südamerikanischen Tochterstaat sowie der Nachbarregion Andalusien viel zu intensiv.

Zusätzlich gewinnt in Portugal die Diskussion über Migration an Schärfe. Aller Erwartung nach werden allgemein mehr Wähler zur Urne gehen und diese auch vermehrt rechts wählen.

Sollte die CDS-PP auf eine erkennbare Wendung nach rechts verzichten, ist ein Überraschungserfolg der PNR keineswegs ausgeschlossen.





EUROPAWAHL

Die Europawahl am 26. Mai 2019 wirft ihre Schatten  weit voraus. Vielen EU-Ländern steht laut Meinungsumfragen eine rechte Überraschung bevor. „EU-Skeptiker im Aufwind“, „Warnung vor Erfolg der Rechtspopulisten“ lauten die Schlagzeilen. In loser Folge wird die JF-Serie rechte und konservative Parteien in den Staaten der Europäischen Union beleuchten.