© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Aufgeschnappt
Post-antike Tragödien
Matthias Bäkermann

An der altehrwürdigen Pariser Sorbonne mußte vergangene Woche das antike Theaterstück „Die Schutzflehenden“ wegen antirassistischer Proteste ausfallen. Wie Le Figaro Étudiant am 27. März meldete, sei die Aufführung der Tragödie des griechischen Dichters Aischylos (525–456 v. Chr.) durch Blockaden von Aktivisten des „Conseil représentatif des associations noires“ (Cran) des Amphitheaters der Universität und Pöbeleien gegenüber den Schauspielern verhindert worden. „Die Studenten der Sorbonne-Universität kannten unsere Kampagnen gegen ‘Blackfacing’ und baten uns um Unterstützung“, verteidigt Cran-Führer Ghyslain Vedeux die gewaltsame Aktion gegen die „kolonialistische Propaganda“. Auch daß die vor ihrer Zwangsheirat aus Ägypten nach Griechenland fliehenden dunkenhäutigen Frauen auf kultursensible Weisung des Regisseurs Philippe Brunet nur durch schwarze Masken angedeutet wurden, besänftigte die afro-französischen Protestler nicht. 

Während die Sorbonne-Leitung die Aktion zwar verurteilt, sich aber eine glitschige Kritik an den „alten Theaterpraktiken“ nicht verkneifen kann, sprechen Frédérique Vidal und Franck Riester, Frankreichs Minister für Hochschulbildung und Kultur, Klartext: Der Vorfall sei eine „Verletzung der Meinungs- und Schöpfungsfreiheit“.