© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Geld gab ich für Gender
Entwicklungshilfe: Die AfD im Bundestag fordert die Bundesregierung auf, an Schwellenländer wie China oder Indien künftig keine Fördermittel mehr zu zahlen
Jörg Kürschner

Eine Konzentration deutscher Entwicklungshilfe auf bedürftige Staaten und deren Einstellung für aufstrebende Länder wie etwa China und Indien fordert die AfD-Bundestagsfraktion. In dem vom Abgeordneten Markus Frohnmaier erarbeiteten Antrag kritisiert die Fraktion Leistungen insbesondere an Schwellenländer wie Indonesien, Pakistan und Südafrika, die von der Europäischen Kommission weiterhin wie Entwicklungsländer behandelt würden. Damit können diese im Handel mit der EU erhebliche Vergünstigungen „für ungefähr 6.300 Zolltarife bis hin zu kompletter Zollfreiheit“ in Anspruch nehmen, wie es in dem Antrag heißt.

Es widerspreche dem Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“, wenn Schwellenländer trotz gestiegener Wirtschaftskraft weiterhin von Deutschland finanziell unterstützt würden, betonte Frohnmaier. „Deutschland beschädigt sich selbst, indem es aufstrebende Wirtschafts- und Militärmächte aus deutschen Steuergeldern subventioniert oder im Außenhandel bevorteilt“, sagte der Politiker aus Baden-Württemberg der JUNGEN FREIHEIT. Bei der Einstufung der Länder müßten außerdem politische und militärische Faktoren eine Rolle spielen. So gehörten Indien, Brasilien, Indonesien oder Südafrika und China den G20, der Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer an, Pakistan etwa sei eine Atommacht. „Deutschland sollte dem Vorbild des amerikanischen Präsidenten folgen, der jüngst seine Regierung angewiesen hat, die Zollvergünstigungen für Indien zu streichen“, meint der AfD-Obmann im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 

Ins Visier genommen hat die AfD insbesondere die Volksrepublik China. „China ist vom Empfänger westlicher Unterstützung zu einem wichtigen Geberstaat für Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika geworden“, heißt es zwar auf der Netzseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Dies ist aber nur die halbe Wahrheit. 

Rückblende. Vor zehn Jahren kündigte Ressortchef Dirk Niebel (FDP) bei seinem Amtsantritt die Einstellung der Entwicklungshilfe für China an. „Laufende Projekte müßten aber zu Ende geführt werden“, hieß es seinerzeit einschränkend. Das bedeutet, daß 2016 noch 559,1 Millionen Euro direkt oder über internationale Organisationen an die kommunistische Volksrepublik geflossen sind. Als Niebel 2009 den Rotstift ansetzte, waren es nur 274,4 Millionen Euro, wie die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion bereits im vergangenen Dezember mitgeteilt hat.

Frohnmaier akzeptiert zwar den Grundsatz der Vertragstreue, wirft aber der Bundesregierung Untätigkeit vor. Nachverhandlungen mit der Regierung in Peking seien nicht einmal versucht worden, kritisierte der AfD-Politiker auf Fragen der jungen freiheit. Der G20-Staat Indonesien erhalte trotz seiner geopolitischen und wirtschaftlichen Bindung an China deutsches Entwicklungsgeld. „Es ist absurd, daß die Bundesregierung Erneuerbare Energien in Indonesien fördert, während China dort neue Kohlekraftwerke finanziert.“ Die AfD lehne „ideologische Weltbeglückungspolitik“ ab, betonte Frohnmaier. „Entwicklungszusammenarbeit und Außenhandel der Bundesrepublik müssen auch im deutschen Interesse sein.“ 

„Partizipatorisches Training für Minderheiten“

Dabei wird Chinas Rolle als „wichtiger Geberstaat“, auch im CSU-geführten BMZ formuliert, durchaus kritisch gesehen. Bei deutschen Investitionen gehe es auch um nationale Interessen, betonte Ressortchef Gerd Müller im vergangenen Herbst. Deutschland könne nicht zuschauen, wenn etwa China oder die USA Milliardeninvestitionen in Afrika tätigten. Im Rahmen des Projekts „Neue Seidenstraße“ will Peking in den kommenden drei Jahren 60 Milliarden Euro in Afrika investieren. China baut seit längerem quer durch Afrika Regierungsgebäude, Fußballstadien, Zugstrecken, Flughäfen, Kasernen, Staudämme und Raffinerien, unabhängig ob in den Empfängerländern die Menschenrechte verletzt werden oder nicht. Andererseits fördert Deutschland  mit Steuergeldern in China beispielsweise den Aufbau eines „zivilgesellschaftlichen landesweiten Gender-Netzwerks“, die „Erstellung eines auf traditionellen Praktiken ethnischer Minderheiten beruhenden Umweltschutzkonzepts“ oder „partizipatorisches Training zu Rechtsschutz, Gender für Angehörige der Minderheiten“. 

In ihrem Antrag fordert die AfD die Bundesregierung deshalb auf, den Schwellenländern den Status eines Entwicklungslandes abzuerkennen und die Entwicklungshilfe einzustellen. Erwähnt werden Indonesien, Pakistan, Südafrika, Indien, Brasilien, Mexiko, Türkei und schließlich China.