© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Darf’s ein Pöstchen mehr sein?
Paul Rosen

Helle Aufregung im Rechtsausschuß des Bundestages: FDP und AfD kritisieren die Besetzung einer gut bezahlten Referatsleiterstelle im Bundesjustizministerium mit einem SPD-Genossen. AfD-Obmann Jens Maier spricht sogar von „Günstlingswirtschaft“ und sieht das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung erschüttert. Auch der FDP-Abgeordnete Jürgen Martens soll die Antworten der Regierung auf kritische Nachfragen von fast allen Fraktionen im Ausschuß als nicht befriedigend bezeichnet haben. 

Seit vielen Jahren praktiziert die Große Koalition eine wundersame Stellenvermehrung in den Bundesministerien. Als Urheber werden regelmäßig die Chefhaushälter Johannes Kahrs (SPD) und Eckhardt Rehberg (CDU) ausgemacht, für die das kurzfristige Einschieben neuer Planstellen im Bundeshaushalt reine Routine ist. Größter Coup im vergangenen Jahr: die Einrichtung eines Vizekanzleramtes im Bundesfinanzministerium für Minister Olaf Scholz (SPD) mit drei neuen Unterabteilungen, 13 neuen Referaten und 41 neuen Beamtenstellen (JF 13/18). 

Dagegen entspricht die Schaffung einer Referatsleiterstelle im Justizministerium mit Besoldungsgruppe B 3 eher den berüchtigten „Peanuts“, auch wenn der Vorwurf der Selbstbedienung damit natürlich nicht relativiert wird. Eine Gehaltshöhe von monatlich 8.567, 32 Euro brutto ist für einen Referatsleiter in der Bundesverwaltung nicht unüblich, falls es sich nicht nur um ein Kleinst-Referat von drei Personen handeln sollte. Hinzu kommt noch eine aus Kaisers Zeiten stammende „Ministerialzulage“, mit der sich das Berliner Regierungspersonal bessere Kleidung kaufen sollte. Wer heute durch Ministerien geht, ahnt, daß das Geld lieber für andere Zwecke als Bekleidung ausgegeben wird. Eleganz ist in den Büros der Regierung oft ein Fremdwort. 

Für die Einstellung in den Bundesdienst gibt es strenge Vorschriften. Stellen sind grundsätzlich auszuschreiben: Erst intern – und wenn sich kein Bewerber im Haus findet, dann extern. Voraussetzungen für eine B 3-Stelle wie ein Hochschulabschluß müssen erfüllt werden, was eigentlich streng geprüft wird. Aber keine Regel ohne die berühmte Ausnahme: Nicht nur in von der SPD geführten Ministerien erhalten beruflich nicht sonderlich gut qualifizierte Bewerber hochdotierte Posten; in Unionshäusern ist es genauso. Und es wird auch schon lange so verfahren. Einer der bekanntesten  Fälle war die Büroleiterin des damaligen Finanzministers Theo Waigel (CSU), Ida M. Aschenbrenner, die es ohne große berufliche Qualifikation in eine Spitzenposition des Ministeriums schaffte. 

Auch bei der Besetzung der neuen Stelle im Justizministerium bestehen laut Maier Zweifel an der Qualifikation des Bewerbers. An dessen politischer Zuverlässigkeit bestehen hingegen keine Zweifel: Es soll sich um ein Mitglied des SPD-Bundesvorstands handeln. Auch im Finanzministerium fiel die neue Abteilungsleiterstelle für Vizekanzlerangelegenheiten an einen verdienten Genossen: Benjamin Mikfeld dürfte vielen noch als Bundesvorsitzender der Jusos bekannt sein.