© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Sehenden Auges in den Untergang
Aktienmarkt: Werner Baumann und Bayer sind nicht die einzigen Kapitalvernichter in Deutschland / Deutsche Bank mittlerweile auf Rang zehn
Carsten Müller

Als Vorstandschef Werner Baumann am 28. Dezember 2016 wegen der angekündigten Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto als Umweltfrevler zum „Dinosaurier des Jahres“ gekürt wurde, konnten Bayer-Aktionäre darüber nur müde lächeln: Kurz danach kletterte der Kurs von 97 auf über 121 Euro im Juni 2017. Das lag zwar weit entfernt von jenen 142 Euro vom März 2015 unter Baumann-Vorgänger Marijn Dekkers – aber Optimisten glaubten, der unter dem Holländer begonnene Umbau vom Chemie- zum „Innovations“-Konzern sei auf bestem Wege.

Doch der Naturschutzbund und US-erfahrene Börsianer sollten recht behalten: Monsanto entpuppt sich als das absehbare Milliardengrab, die Anleger gingen sehenden Auges in den Untergang (JF 35/16). Der Bayer-Kurs ist auf 58 Euro abgerutscht. Die Marktkapitalisierung liegt nun unter jenen 56 Milliarden Euro, die Bayer 2018 für Monsanto bezahlt hat. Die über 11.000 US-Schadenersatzklagen wegen der Nebenwirkungen des umstrittenen Unkrautvernichters Roundup auf Glyphosat-Basis könnten Bayer bis zu 15 Milliarden Dollar kosten – den doppelten Jahresgewinn von 2017 (JF 14/19).

Damit dürfte Bayer in diesem Jahr ein Aufstiegskandidat für die Liste der größten Kapitalvernichter an der deutschen Börse sein. Diese wird jährlich im März von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) präsentiert. Bayer lag 2018 lediglich auf Rang 35. Die Deutsche Bank kam als einziges Dax-Unternehmen unter die „Top 10“ der Verlierer. Der Kurs der Privatbank brach 2018 um 55,7 Prozent ein. Innerhalb von fünf Jahren büßten Aktionäre sogar 74,6 Prozent ihres Investmentkapitals ein. Dabei sind die Unterschiede zur vom Steuerzahler geretteten Commerzbank eher marginal: Diese liegt auf Platz 25 und verlor voriges Jahr 53,8 Prozent.

Beide Banken sprechen derzeit darüber miteinander, ob sie – mit dem Segen der Bundesregierung – fusionieren sollten (JF 13/19). Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) findet, es müsse „auch im Bankenbereich schlagkräftige Unternehmen in Deutschland und Europa“ geben. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) schwärmt von einem nationalen Banken-Champion. Doch Deutsche Bank und Commerzbank sind zwei Lahme, die zusammen noch längst kein Sprinter werden.

Keine Umsätze und keine Gewinne

Denn die eklatanten Ertragsschwächen, die beide Institute gegenüber amerikanischen und auch europäischen Wettbewerbern ins Hintertreffen brachten, werden auch durch einen Zusammenschluß nicht sofort verschwinden können. Allerdings scheint es mit der Dauer der Gespräche immer mehr Probleme zu geben, weshalb insbesondere die Aktie der Deutschen Bank wieder auf Tauchstation gegangen ist.

Und noch ein bekannter Name findet sich auf der DSW-Watchlist 2018: Ceconomy. Dabei handelt es sich um den Ableger aus der Metro-Aufspaltung 2016/2017, der offenbar den Kürzeren gezogen hat. Denn in Ceconomy sind die beiden Elektromarkt-Ketten Media Markt und Saturn eingegliedert und diese zeichneten sich bislang eher durch schwache Ergebnisse aus. Dabei spielte das vergangene Jahr sicherlich eine besondere Rolle. Denn nach drei Gewinnwarnungen im Jahresverlauf büßte die Aktie rund drei Viertel ihres Wertes ein. Das kostete zum Jahresende 2018 letztlich auch Vorstandschef und Finanzvorstand den Job. Immerhin: In diesem Jahr lief es bislang etwas besser. Ob das allerdings durchzuhalten ist, bleibt abzuwarten.

Die letztlich größten Kapitalvernichter waren laut DSW die Firmen Mologen, Steinhoff International (JF 9/18)und Gerry Weber. Die Biotech-Firma Mologen ist dabei ein Dauer-Trauerspiel. Seit 20 Jahren gibt es keine Umsätze und keine Gewinne. So verlor die Aktie binnen der letzten fünf Jahre rund 97 Prozent ihres Wertes, im vergangenen Jahr auf der schon erreichten tiefen Basis nochmals 85 Prozent. Wobei es auch in diesem Jahr nicht gut aussieht. Denn derzeit soll reines Chaos bei dem Unternehmen herrschen. Vorstandsvorsitzender und Finanzchef haben zum Monatsende März das Unternehmen verlassen. Zwei Großaktionäre sollen sich um Einfluß streiten und eine angekündigte Kapitalerhöhung könnte aufgrund eines neuerlichen Absturzes der Aktie wackeln. Auch der Zweitplazierte Steinhoff International ist ein krisengeschütteltes Unternehmen. Der südafrikanische Möbelhändler mit deutschen Wurzeln steckt seit Jahren tief in einem Bilanzskandal, in dessen Folge man über zehn Milliarden Euro an vorherigen Vermögenswerten abschreiben mußte.

Das spiegelte sich auch in der Aktien-Performance wider, die für 2018 einen Verlust von 88,5 Prozent auswies. Und der Drittplazierte Gerry Weber mußte im Januar Insolvenz anmelden. Schon im vergangenen Jahr sorgten schlechte Zahlen dafür, daß die Aktie mit rund 76 Prozent unter die Räder geriet.

Aktien-Watchlist der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:  dsw-info.de