© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Frisch gepresst

Sachsen. Walter Ulbricht, der wie die ehemalige Grünen-Abgeordnete Antje Hermenau aus Leipzig stammt, erhob die sächsische Mundart zur gefühlten Sprache der SED-Diktatur. Heute wird gehetzt: Sachsen sei der „Schandfleck“ (Hamburger Morgenpost) und das „Skandalland“ (Stern). Die vom Bodensee stammende Chefin der Uhrenfabrik Nomos, Judith Borowski, giftete im Handelsblatt: „Sachsen ist stark braun gesprenkelt. Das sind eben nicht nur ein paar Ewiggestrige und Neonazis.“ Und legte in der taz nach: „Pegida und die AfD haben in Sachsen die Macht übernommen.“ Antje Hermenau, inzwischen für die Freien Wähler engagiert, will mit ihrer 170seitigen „Liebeserklärung an Sachsen, Deutschland und Europa“ solchen Klischees Fakten und unideologische Erklärungen entgegen setzen. Sie konstatiert aber auch, warum der Konflikt zwischen Mitteleuropäern und dem Westen in Identitätsfragen „unausweichlich“ sei. Denn die Roths und Borowskis geben sich erst zufrieden, wenn alle statt „Wir sind das Volk!“ inbrünstig „Refugees welcome!“ skandieren – oder wenigstens die Umerziehungsstunden des steuerfinanzierten Projekts „Open Saxony!“ nicht nur bei Nomos klaglos über sich ergehen lassen. (fis)

Antje Hermenau: Ansichten aus der Mitte Europas – Wie Sachsen die Welt sehen. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2019, broschiert, 170 Seiten, 10 Euro





Kesselschlacht. Den vielgelesenen Beiträgen Paul Karl Schmidts in Axel Springers Kristall wie auch in der Zeit folgten Mitte der sechziger Jahre zwei Bestseller über den Rußlandfeldzug („Unternehmen Barbarosa“, „Verbrannte Erde“), in denen der frühere NS-Presseoffizier unter dem Pseudonym Paul Carell seine Sicht des Ostkrieges massenwirksam beschrieb. Der 1912 geborene Wehrmachtssoldat Anton Meiser sah sich damals veranlaßt, anhand seiner Tagebücher besonders den Rückzugsgefechten 1943 und 1944 seine Ergänzungen zu den „am großen Geschehen“ ausgerichteten Erinnerungen Carells zu liefern. Als Soldat, der die Kämpfe in dem „wandernden Kessel“ westlich des Dnepr Anfang 1944 überlebte, (JF 8/19) sind Meisers Schilderungen über den verlustreichen Ausbruch aus dieser „Hölle von Tscherkassy“ eine authentische Quelle, die nun zum 75. Jahrestag eine Neuauflage erfahrend hat. (bä)

Anton Meiser: Die Hölle von Tscherkassy. Ein Kriegstagebuch 1943–1944. Verlag S. Bublies, Schnellbach 2018, broschiert, 383 Seiten, 19,80 Euro