© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/19 / 05. April 2019

Knapp daneben
Unnötiges und vermeidbares Angeben
Karl Heinzen

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Klage eines Mannheimer Bürgers abgewiesen, der sich durch Auflagen der Stadt in seinen Autofahrerrechten beschnitten sah. Im Sommer 2016 war der Sportwagenliebhaber im Besitz eines schwarzen Jaguar F-Type. Mit diesem soll er wiederholt in der Mannheimer Innenstadt auffällig geworden sein, indem er vor roten Ampeln stehend den Motor aufheulen ließ, mit durchdrehenden Rädern beschleunigte und generell „unnötig stark“ das Gaspedal betätigte. Empörte Passanten und Anwohner denunzierten ihn bei der Polizei, die Kommune untersagte ihm daraufhin, die technischen Möglichkeiten seines Fahrzeuges im Stadtgebiet auszureizen.

Für die Behörden ging es von Anfang an nicht nur darum, einen einzelnen Verkehrssünder zurechtzuweisen. Man wollte ein Signal gegen „Auto-Poser“ insgesamt setzen, die meinen, das an und für sich bereits asoziale Autofahren auch noch PS-stark zelebrieren zu dürfen. 

Politiker müssen sich gar nicht auf Schadstoffe beziehen, die Straßenverkehrsordnung reicht aus.

Sie sind nicht allein den Mannheimern ein Dorn im Auge. Das Karlsruher Urteil war daher bundesweit mit Spannung erwartet worden. Die Richter stellten nun klar: Auto-Poser können sich nicht darauf berufen, daß ihre Autos ja zugelassen sind. Sie müssen sich vielmehr wie alle anderen an die Straßenverkehrsordnung halten, und diese schreibt in Paragraph 30 nun einmal vor, daß bei der Benutzung von Fahrzeugen unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten sind.

Kommunalpolitiker, die den Menschheitstraum der autofreien Stadt Wirklichkeit werden lassen wollen, müssen daher nicht nur auf Schadstoffgrenzwerte schauen. Es reicht aus, wenn sie sich auf Paragraph 30 der Straßenverkehrsordnung berufen. Denn Hand aufs Herz: Ist nicht jeder Verkehrslärm unnötig, und sind nicht auch alle Abgasbelästigungen vermeidbar? Unsere fatalistischen Vorfahren schufen die Straßenverkehrsordnung, um die Gefahren des Autofahrens zu begrenzen. Heute ermutigt sie uns, die Plage ganz zu beenden: Das Auto ist kein Schicksal, das die Menschen noch länger hinnehmen müßten.