© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

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Debatte um bezahlte Bluttests auf Trisomie

BERLIN. Vor unabsehbaren Folgen durch die zunehmende Akzeptanz von vorgeburtlichen genetischen Bluttests hat der Präsident des Berufsverbandes niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP), Alexander Scharf, gewarnt. Das berichtet die Welt am Sonntag (Ausgabe 7. April). Hintergrund ist, daß sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am 11. April in einer zweistündigen Debatte mit dem Thema befassen werden. Die Aussprache dient zunächst zur Orientierung der Abgeordneten. Der Gemeinsame Bundesausschuß von Krankenkassen, Ärzten, Kliniken und Patientenvertretern hatte im März vorgeschlagen, daß die gesetzlichen Krankenkassen Bluttests bezahlen sollen, mit denen sich ab der zehnten Schwangerschaftswoche mögliche Trisomien, wie etwa das Down-Syndrom, bei einem ungeborenen Kind feststellen lassen. Bezahlt werden soll der Test nur dann, wenn es besondere Risiken oder Auffälligkeiten in der Schwangerschaft gibt. Im August soll dann der Gemeinsame Bundesausschuß darüber entscheiden, ob die Bluttests Kassenleistung werden oder nicht. Der Test auf Trisomie sei nur ein Türöffner, sagte Professor Scharf der Welt am Sonntag. Die Suche nach den „falschen“ Genen beginne erst: „Denkbare Szenarien wären zum Beispiel die Anlage zu Stoffwechselstörungen wie Hypercholesterinämie, Bluthochdruck oder Zucker.“ Auch die Neigung zu Fettleibigkeit, Krebs oder Rheuma werde bald untersucht werden können. Scharf: „Denkt man das zu Ende, ist man schnell beim Designerbaby.“ Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer, die selbst Mutter eines Kindes mit Trisomie 21 ist, fordert laut der Sonntagszeitung, nicht nur über die mögliche Kassenzulassung zu debattieren, sondern über die ethische Dimension: „Wollen wir eine Gesellschaft, in der nur noch gesunde und leistungsfähige Kinder geboren werden und die anderen vorgeburtlich aussortiert werden?“ Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Mediziner (ACM) hat sich derweil gegen eine Kostenübernahme ausgesprochen. Es sei damit zu rechnen, daß es aufgrund der „einfachen Durchführbarkeit zu einer flächendeckenden Inanspruchnahme“ komme. Die Ergebnisse des Bluttests seien für das betroffene ungeborene Kind prinzipiell von keinerlei medizinischem Nutzen. Der Test führe statt dessen in den meisten Fällen zu einer Abtreibung. In Deutschland leben 50.000 Menschen mit Down-Syndrom. Das entspricht 0,06 Prozent der deutschen Bevölkerung. Der Test kostet laut Welt am Sonntag je nach Hersteller und Zahl der getesteten Genabweichungen 129 bis 299 Euro. Er werde bereits jetzt etwa 100.000mal pro Jahr angewendet. Bis zu 94 Prozent der Eltern entschieden sich, je nach Studie, in Deutschland nach einer Trisomie-Diagnose für eine Abtreibung. (idea/JF)