© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Blick in die Medien
Filter bei Pharisäerpedia
Tobias Dahlbrügge

Die deutschsprachige Ausgabe der Online-Enzyklopädie Wikipedia sorgte unlängst für Aufmerksamkeit, als sie die Seite am 21. März aus Protest gegen die EU-Einführung von Uploadfiltern ganztägig abschaltete. Dabei setzt das Internetlexikon selbst schon seit längerem automatische Filter ein, mit denen die Administratoren die politische Tendenz von Artikeln gezielt beeinflussen. Diese Werkzeuge sind mächtige Mittel im „Editierkrieg“ kontroverser Inhalte.

Ursprünglich wurden die Filter entwickelt, um die Beiträge vor Vandalismus zu schützen. Nun werden sie nach Berichten des IT-Magazins heise.de dazu mißbraucht, um das Entfernen von Zuschreibungen wie „Verschwörungstheorie“ oder „rechtsextrem“ zu verhindern. Betroffene haben so keine Möglichkeit, diffamierende Einträge über sich zu korrigieren.

Auch Verweise zu einem anonym betriebenen Online-Pranger sind vor Änderungen geschützt. 

Die Filmautoren Dirk Pohlmann und Markus Fiedler dokumentierten, daß der „Filter 248“ nicht nur umstrittene Attribute vor Änderungen schützt, sondern auch Verweise zum anonym betriebenen Online-Pranger psiram.com, auf dem vom Mainstream abweichende Ansichten oft als unseriös und extremistisch verunglimpft werden. Für die Aktivierung des Filters ist laut dem Autorenteam der Administrator Harald Krichel (alias „Seewolf“) verantwortlich, der pikanterweise stellvertretender Vorsitzender des Präsidiums vom Verein Wikimedia Deutschland ist, der sich „Gesellschaft zur Förderung freien Wissens“ nennt. In der Präambel der Satzung heißt es: „Über Jahrhunderte wurde Wissen von Herrschenden gefangengehalten und als Machtinstrument mißbraucht.“ Ein Hohn, angesichts der konspirativen Praktiken zur Faktenbiegung. Angeblich haben die Hoheiten der Zugriffshierarchie den Filter mittlerweile abgeschaltet.

Wikipedia ist für Matheformeln oder historische Daten brauchbar, aber bei politischen Themen ist höchste Vorsicht geboten.