© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Konservative Restbestände
Christlicher Glaube und rechte Politik
Thorsten Brückner

Christen, die sich politisch rechts verorten, erfahren in ihren Gemeinden nicht selten Ausgrenzung bis hin zu offener Verachtung. Für eben jene Christen mag die Lektüre von „Rechtes Christentum?“ Trost und Selbstbestätigung bieten. Zumindest für die Intellektuellen unter ihnen. 

Das Buch ist stellenweise schwere Kost. Die Essays der Autoren von Harald Seubert und Matthias Matussek über Caroline Sommerfeld bis Volker Münz bearbeiten jeweils unterschiedliche Schwerpunkte. Heraus ragen dabei vor allem Seuberts Zeilen über die konservativen Restbestände im deutschen Protestantismus. Messerscharf diagnostiziert er auch den Zustand der evangelikalen Bewegung, die versucht „auf der Postmoderne-Welle zu reiten, um eine absolute Wahrheit zu vermitteln“, was freilich schon im Ansatz scheitern muß. 

Auch mit seiner Vermutung, die meisten Freikirchler würden in ihrem unkritischen Missionierungswahn die Aussage der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt unterschreiben, dem Land seien in der Flüchtlingskrise „Menschen geschenkt“ worden, trifft leider ins Schwarze. Aus den Freikirchen, das ist klar, wird die geistliche Rettung des Landes nicht kommen. Für möglich hält der ehemalige Präsident des Studienzentrums Weikersheim aber, daß ein „Protestantismus, der Tradition, Herkunft und nicht zuletzt eine theologische und geistliche Erneuerung auf seiner Agenda hat“, wieder Raum und Einfluß in evangelischer Theologie und Kirche erhalten könnte. Daß dies allerdings kein wahrscheinliches Szenario ist, räumt er selbst ein.

An einer parteipolitischen Akzentuierung christlicher Werte arbeitet derweil der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz. Seine Ausführungen über die Partei als politische Alternative für Christen wirken dabei aber bisweilen zu optimistisch. Warum etwa sollen gläubige Christen ihre bürgerliche Existenz für eine Partei aufs Spiel setzen, die auf dem Stuttgarter Parteitag 2016 die Beibehaltung des geltenden Abtreibungsrechts beschlossen hat – mit Argumenten, die man so auch auf einem Grünen-Parteitag hätte erwarten können. 

Felix Dirsch, Volker Münz, Thomas Wawerka:  Rechtes Christentum? Der Glaube im Spannungsfeld von nationaler Identität, Populismus und Humanitätsgedanken. Ares Verlag, Graz 2018, gebunden, 251 Seiten, 19,90 Euro