© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/19 / 12. April 2019

Frisch gepresst

Memel. Forschung zur Geschichte und Kultur der preußisch-deutschen Ostprovinzen findet weitgehend außerhalb der Universitäten statt. Dieser wissenschaftspolitisch eingeleitete Abschied von der Nationalgeschichte auf ostdeutschem Terrain eröffnet privater Gelehrsamkeit ein reiches Betätigungsfeld – wie die Theatergeschichte Memels zeigt, die der pensionierte Würzburger Lehrer Christian Roe-dig jetzt in einem reichillustrierten Band präsentiert. Da die jüngere Kulturgeschichte (1871–1945) – Kunst, Literatur, Schulen, Vereine, Verlage, Bibliotheken, Presse, Rundfunk und eben Theater – von der landeskundlichen Forschung zu Preußen ohnehin vernachlässigt worden ist, muß man Roedig dankbar sein, daß er sich der Kärrnerarbeit unterzogen hat, um anhand der fast 150jährigen Theatergeschichte an die reiche kulturelle Vergangenheit Memels zu erinnern. Verunglückt ist nur der Titel, der diese östlichste deutsche Kulturstätte etwas irritierend in den „fernen Norden“ verlegt. (ob)

Christian Roedig: Theater im fernen Norden. Memels Schauspielhaus zwischen Preußen, Deutschem Reich und litauischer Republik. Husum Verlag, Husum 2018, broschiert, 268 Seiten, Abbildunen, 34,95 Euro





Austausch. Die „Verantwortlichen für die Umvolkung Europas“ zu benennen, das verspricht der österreichische Oberst Hermann H. Mitterer. Was verschwörungstheoretisch anklingt, komponiert der 1964 geborene Autor durch, beginnend mit einem Roosevelt-Zitat: „In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, dann kann man sicher sein, daß es auf diese Weise geplant war!“ Das mag im Fall gesamtgesellschaftlicher Entscheidungen stimmen. Doch ist auch für Mitterer die Suche eines einzelnen Afrikaners nach einem leichteren Leben in Europa nicht per se politisch. Politisch ist, „drei Jahre nach dem Chaosjahr 2015 noch immer keine handhabbare Regelung für die andauernde Massenmigration gefunden“ zu haben. Die verantwortlichen Eliten, zu denen der Soziologe auch EU-Politiker zählt, unterstützten so aktiv den Bevölkerungsaustausch. Hier verklärt er die Untätigkeit ohne Beleg zur absichtsvollen Handlung und bleibt bei der Benennung der Verantwortlichen leider im Vagen. Dem Verdacht, in seinem faktenreichen Buch, „populistisch zu übertreiben“, entgegnet der Offizier knapp mit: „Wohl kaum.“ (mp)

Hermann H. Mitterer: Bevölkerungsaustausch in Europa. Kopp Verlag, Rottenburg 2019, gebunden, 205 Seiten, 16,99 Euro