© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/19 / 19. April 2019

Grüße aus Bozen
Es geht um den Speck
Martin Feichter

Südtirol wirbt nicht nur mit einer atemberaubenden Landschaft, sondern auch mit kulinarischen Schmankerln. Bekannt ist das Alpenland südlich des Brenners für seinen Wein und seine Äpfel, und besonders für ein geräuchertes Fleischerzeugnis: den Südtiroler Speck. Bauerngröstel, Speckknödel oder Gerstsuppe – in zahlreichen Traditionsgerichten darf die einheimische Spezialität nicht fehlen. 

Daß folgende Nachricht einschlug wie eine Bombe, ist deshalb um so verständlicher. Spezialkräfte der Carabinieri haben in zwei gesonderten Aktionen insgesamt rund 20 Tonnen Fleisch, darunter auch Speck, sichergestellt und 1,5 Millionen Etiketten beschlagnahmt. Bauchspeck, Schweinskarree und Wurstwaren sollen als italienische Produkte gekennzeichnet worden sein, obwohl sie aus Österreich stammen, lautet der Vorwurf der Beamten, den die Lokalpresse bereitwillig wiedergab.  Außerdem sei der Begriff Südtirol irreführend verwendet worden, was eine Verwechslungsgefahr mit der geschützten Marke „Südtiroler Speck g.g.A.“ (geschützte geographische Angabe) mit sich bringen könne. 

Original aus Südtirol – oder eher ein Stück aus dem Graubereich, der noch zu regeln ist?

Genau dies rief die Führung des in den Bozner Lauben sitzenden Speck-Konsortiums auf den Plan. In der Laubengasse 71 fürchtete man um den guten Ruf ihrer Marke. „Es geht nur um die Verwendung des Begriffs Südtirol. Der ‘Südtiroler Speck g.g.A.’ ist nicht betroffen, und die Herkunft aller beanstandeten Produkte ist lückenlos nachvollziehbar. Die Carabinieri stellen die Sachlage falsch dar“, zitiert ein Lokalsender den Geschäftsführer des Südtiroler Speck-Konsortiums, Matthias Messner. 

Die beschlagnahmten Produkte seien nicht mit dem Gütesiegel „g.g.A.“ beworben worden, der Marken-Speck habe damit nichts zu tun. Daß es sich um keinen Lebensmittel-Skandal, sondern um eine politische Frage handelt, davon ist der Koordinator des tierärztlichen Dienstes Meran, Franz Hintner, überzeugt.„Ich würde von einem kriminellen Vergehen Abstand nehmen.“ Laut dem Veterinär geht es den Ordnungskräften darum, ab wann Ware als in Südtirol hergestellt bezeichnet werden darf. „Es ist ein Graubereich, der noch zu regeln ist“, so Hintner.

 Dürfen in Südtirol verarbeitete, aber aus dem Ausland stammende Rohprodukte als Südtiroler Lebensmittel etikettiert werden, wie es beim Südtiroler Marken-Speck schon erlaubt und gang und gäbe ist? Eine Frage, welcher sich die Politik stellen muß.