© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

Grüne Energiewende mit braunem Motor
Autoindustrie: Der batterieelektrische Antrieb ist nicht „CO2-neutral“ / Dieselmotor im Zweifel besser / Ausweg Erdgas und „grünes Methan“?
Jörg Fischer

Viele schütteln beim Klimahype um Greta Thunberg und Luisa Neubauer nur mit dem Kopf. Doch die CO2-Hysterie ist allgegenwärtig: Finanzminister bereiten eine „CO2-Bepreisung“ vor. Die EU verlangt, daß neue Pkw ab 2020 im Schnitt nur noch 95 und ab 2030 nur noch 59 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Das hieße: 2,2 Liter Diesel oder 2,6 Liter Benzin pro 100 Kilometer. „Wie kein anderes Unternehmen unserer Industrie richten wir Volkswagen auf Elektromobilität aus“, verkündete euphorisch Konzernchef Herbert Diess. Über 30 Milliarden Euro sollen bis 2023 in diesen Bereich fließen – mehr als das US-Dieselgate gekostet hat. Bis 2030 sollen 22 Millionen E-Autos von den Fließbändern rollen. Bis 2050 solle VW „CO2-neutral“ werden.

Doch sind E-Autos wirklich „CO2-neutral“? Diese Frage stellten sich der Kölner Physikprofessor Christoph Buchal, der Energieforscher Hans-Dieter Karl und Hans-Werner Sinn, ehemalier Präsident des Müncher Ifo-Instituts. Dazu verglichen sie den Mercedes C 220d für etwa 40.000 Euro und den Tesla 3 für 56.000 Euro bezüglich ihres Verbrauchs an Diesel beziehungsweise Strom. Ihr Fazit: Der wirkliche CO2-Ausstoß der E-Limousine aus Fremont (Kalifornien) liegt bestenfalls um elf Prozent und im ungünstigstenfalls um 28 Prozent über dem des Daimlers aus Bremen.

Dem werden Diess, Tesla-Chef Elon Musk oder die Kanzlerin, die schon 2008 von einer Million E-Autos auf deutschen Straßen träumte, widersprechen. Doch die Studienautoren haben bei ihren Berechnungen den deutschen Energiemix und den CO2-Ausstoß bei der Produktion der Lithium-Ionen-Akkus berücksichtigt. Dabei erhielt der Tesla 3 sogar einen Bonus, weil dessen 75-Kilowattstunden-Akku „bei niedrigen Geschwindigkeiten eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern ermöglicht, während der Tank der C-Klasse auch im Normalbetrieb für das Doppelte reicht“. Eigentlich müßte mit einer doppelt so großen Batterie gerechnet werden, „was den CO2-Ausstoß wegen des hohen Zusatzgewichts (mehr als 300 Kilogramm) nach oben schnellen ließe“, doch ein solcher Akku sei derzeit „nicht verfügbar“. Auch die lange Akku-Ladezeit oder der Energieschwund an der Ladesäule blieb unberücksichtigt.

Neue Brennstoffzellenautos keine sparsame Alternative

Bei dem Mercedes C 220d wird nicht nur der Dieselverbrauch, sondern auch die Kraftstofferzeugung vom Bohrloch bis zur Zapfsäule veranschlagt, was zu einem Gesamtausstoß von 141 Gramm CO2 pro Kilometer führt. Beim Tesla wird eine Batteriehaltbarkeit von zehn Jahren und eine Fahrstrecke von 15.000 Kilometer pro Jahr angesetzt. Unter Berufung auf Fremdstudien ergibt sich für Akkuproduktion und Recycling pro Kilometer Fahrstrecke ein CO2-Ausstoß von 73 bis 98 Gramm. Wird der Tesla 3 mit Braunkohlestrom aufgeladen, kommen weitere 204 Gramm hinzu, was einen realen CO2-Ausstoß von 277 bis 302 Gramm bedeutet. Das sind 96 bis 114 Prozent mehr als beim Mercedes.

Werden Gaskraftwerke zugrunde gelegt, ergäbe sich ein CO2-Ausstoß von nur 83 Gramm. „Addiert man die Aufschläge für die Batterie, kommt man auf Werte im Bereich von 156 Gramm bis 181 Gramm. Das sind Werte, die deutlich schlechter als beim Dieselmotor sind, der ja rechnerisch bei 141 Gramm liegt.“ Sinnvoller sei da ein Ersatz des Diesels durch einen herkömmlichen erdgasbetriebenen „Benzin“-Motor, der unter Berücksichtigung „eines hohen Schwunds an Methan bei Förderung und Transport durch Tausende von Kilometern lange Rohrsysteme“ auf rechnerisch 99 Gramm CO2-Ausstoß käme.

„Trotz des hohen Aufschlags für die Vorkette beim Gas ist somit offenbar der Erdgas-Verbrennungsmotor im Hinblick auf den CO2-Ausstoß eine konkurrenzlos günstige Antriebsquelle im Verkehr, die alle anderen Alternativen schlägt“, so die Studienautoren. Das gelte auch im Vergleich zu teuren Brennstoffzellenfahrzeugen wie dem Toyota Mirai oder dem Mercedes-SUV GLC F-Cell, dem Dienstwagen des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.

Der Wirkungsgrad von der Windstromerzeugung „über die Elektrolyse und die Wasserstoffverteilung bis hin zum Fahrzeug und über die Brennstoffzelle bis zum elektrischen Antriebsmotor ist nur etwa halb so groß wie der eines Akkufahrzeugs“. Nach dem deutschen Energiemix entspräche dies einem CO2-Ausstoß von 197 Gramm. Auch Plug-in-Hybride (PHEV), die in der Stadt emissionsfrei fahren, aber meist im Fernverkehr unterwegs seien, würden „vermutlich höhere Emissionen erzeugen“ als ein sparsamer Diesel, weil sie „ständig das Gewicht der E-Maschine und den größeren Akku mit sich herumschleppen“.

Besser sei, auf eine kombinierte zukünftige „grüne“ Wasserstoff-Methan-Technologie zu setzen: „Zum einen ist sie langfristig der einzig funktionierende Weg zur Speicherung der überschießenden Stromspitzen des Wind- und Sonnenstroms, die erforderlich ist, wenn die Marktanteile dieser Form regenerativen Stroms ausgeweitet werden sollen. Zum anderen bietet sie schon aus dem Stand heraus die Möglichkeit einer erheblichen CO2-Einsparung, selbst wenn dieses Methan aus fossilen Quellen stammt“, resümieren die drei Studienautoren.

Energiestudie „Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2-Bilanz?“, im ifo Schnelldienst 8/19: cesifo-group.de