© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

Geld und Geldpolitik für jedermann
Weiterbildung: Die Veröffentlichungsreihe „Politik und Wirtschaft im Unterricht“ der Bundesbank ist nicht nur Schülern und Studenten zu empfehlen
Dirk Meyer

Könnten Sie begründen, warum Bitcoins eigentlich gar kein Geld sind? Sie wissen nicht, wie die Inflationsrate ermittelt wird und weshalb die EZB stabiles Geld im Sinne von Nulllinflation ablehnt? Und daß die Geschichte des Euro eigentlich schon vor über 50 Jahren begann? Wenn Ihnen Antworten auf diese Fragen interessant erscheinen, dann ist eine Veröffentlichung der Bundesbank zum Thema „Geld und Geldpolitik“ eine Empfehlung.

In der Reihe „Politik und Wirtschaft im Unterricht“ erschienen, ist diese Sonderausgabe des Wochenschau-Verlages als Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe I und II gedacht. Sie umfaßt 13 kleinere, thematisch eng umrissene Beiträge. Sachlich fundiert, verständlich geschrieben und didaktisch mit illustrierenden Schaubildern gestaltet, geben Mitarbeiter der Bundesbank einen Überblick über das Thema Geld, Währung, Geldpolitik und das Eurosystem. Ein Glossar mit den wichtigsten geldpolitischen Begriffen sorgt jederzeit für Orientierung ohne Vorkenntnisse.

Ein erster Themenkreis erklärt Geld anhand seiner Funktionen als Recheneinheit und Wertmesser, Zahlungsmittel und Wertaufbewahrung. Aufgrund des Auf und Ab des Bitcoin-Kurses wird den Lesern vorgeführt, inwiefern es hier eher um Spekulation denn um Währung geht. Die Geldschöpfung wird anschaulich in den getrennten Geldkreisläufen von Zentralbankgeld und Giralgeld beschrieben. Das Bargeld verbindet beide Kreisläufe, was dessen Wichtigkeit bei einer Kreditgeldschöpfung der Banken „aus dem Nichts“ nur erahnen läßt.

Die Unabhängigkeit der Notenbank bedingt den Entzug ihrer demokratischen Kontrolle. Was jedoch einerseits vom Regierungshandeln lösen soll und eine Voraussetzung für Geldwertstabilität darstellt, kann andererseits bei einer weiten Auslegung des geldpolitischen Mandats zur fiskalischen Unterstützung von Staaten dienen. Daß dieses Dilemma beim Anleiheankaufprogramm der EZB offen zutage tritt, wird hier – für einen Einführungstext zu Recht – nur am Rande erwähnt.

Ein zweiter Themenkreis befaßt sich mit dem Eurosystem. Ein Blick in die Geschichte der Währungsunion weist auf die unterschiedlichen Wurzeln der nationalen Notenbanken und ihr unterschiedliches Stabilitätsbewußtsein hin, das bis heute durchschlägt. Lokomotiv- oder Krönungstheorie: Soll der Euro Motor oder Ergebnis der Integration sein?

Erklärungen zur Krise der Währungsunion

Die Rolle Helmut Kohls beim Maastricht-Vertrag mit dem unheilvollen „schnellen“ Euro ohne eine gemeinsame Haushaltspolitik wird nur gestreift. Sie ist historisch wichtig, denn sie ist ein Zugeständnis an Frankreich für die Wiedervereinigung Deutschlands. Dieser konstruktive Mangel ist die Kernursache der Eurokrise und seines möglichen Scheiterns. Sehr deutlich werden die Aufgaben- und Arbeitsteilung der nationalen Notenbanken mit der EZB und die Entscheidungsstrukturen aufgezeigt.

In einem dritten Themenkomplex geht es um die Ausgestaltung der Geldpolitik. Zunächst wird das geldpolitische Ziel, eine Inflationsrate „von unter, aber nahe zwei Prozent“ mit einer Schutz­marge gegen eine Spirale sinkender Preise (Deflationsgefahr) begründet und kritisch hinterfragt. Hierbei wird auch das Thema Vermögenspreisinflation angesprochen. Sodann werden unterschiedliche geldpolitische Strategien wie beispielsweise die direkte Inflationssteuerung, die Rolle des Refinanzierungszinses der EZB und die Geldmengensteuerung vorgestellt. Schließlich gibt es einen Einblick in die Wirkungsweise der EZB-Zinspolitik, die über unterschiedliche Kanäle die Wirtschaft erreicht.

Einen letzten Schwerpunkt bildet die Krise der Währungsunion. Ausgangspunkt ist die einheitliche Geldpolitik bei 19 weitgehend unkoordinierten, dezentral gesteuerten Fiskalpolitiken. Die Gefahren einer Niedrigzinspolitik für Banken und Versicherungen, der in ihrem Zuge nachlassende Reformeifer der Krisenländer und ein zu erwartender, höchst risikoreicher Balanceakt des Ausstiegs aus der außergewöhnlichen Geldpolitik werden deutlich angespro-chen.

Interessant ist der historische Blick auf negative Realzinsen auch in früheren Zeiten. Als wissenschaftlich umstritten wird der EZB-Einfluß auf die Höhe des Marktzinses angemerkt. Schließlich wird das großvolumige Anleiheankaufprogramm des Euroraumes beschrieben und hinsichtlich möglicher negativer Wirkungen kritisch beleuchtet. Das Informationsheft läßt in dieser Kürze nur wenige Lücken. Gerade hinsichtlich der Zukunft des Euros wären jedoch Beiträge zu möglichen Konsequenzen und Auswegen aus der derzeitigen Krisensituation, die Alternative einer neuen „Vollgeldordnung“ und eine kritische (Pro-Kontra) Diskussion der Vorschläge zur Reform der Währungsunion wünschenswert gewesen.

Jeder Beitrag schließt mit einem Literaturverzeichnis, gibt ergänzende und weiterführende Literatur sowie Gestaltungshinweise für den Unterricht. Insofern wird der Lehrer mit der sachlichen Darstellung nicht allein gelassen, sondern erfährt auch Anregungen für die Vermittlung im Unterricht. Das Heft könnte aber auch für Eltern von Interesse sein, die in wirtschaftlichen Fragen und Diskussionen mit ihren Jüngsten nach fundierter Sachkunde suchen. Es ist entweder als PDF zum Herunterladen oder als kostenlose Bestellung beim Wochenschau-Verlag zu beziehen. Übrigens bezahlt dies die Bundesbank – in diesem Fall mit selbst gedrucktem Eurogeld. Denn eine Notenbank kann sich als einziger Akteur das eigene (Zentralbank-)Geld für Güterkäufe selbst beschaffen.

Deutsche Bundesbank (Hrsg.): Geld und Geldpolitik. Wochenschau-Verlag, Frankfurt 2018, 96 Seiten, broschiert, kostenlos bestellbar

 bundesbank.de

 www.wochenschau-verlag.de