© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/19 / 26. April 2019

CD-Kritik: Philippe Jaroussky – Artaserse
Karnevaleskes
Jens Knorr

Mit der Arie „Ombra mai fu“, aber nicht in der Vertonung von Händel, dem berühmten „Largo“, eröffnet der französische Sopranist Philippe Jaroussky sein Francesco Cavalli gewidmetes Album, diesem wohl erfolgreichsten Opernkomponisten um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Die venezianische Volksoper war Teil von Festlichkeiten, deren geschichtliche Substanz vergangen ist. Mit seinem Ensemble Artaserse, und in den Duetten mit Sopranistin Emöke Barath und Altistin Marie-Nicole Lemieux, sucht Jaroussky diese Substanz in der sängerischen und spielerischen Imagination aufzuheben.

Vielleicht nicht ganz so phantasievoll und visionär in der Aneignung, wie sie Christina Pluhar gelang (JF 47/15), aber immer doch imaginativ genug, akzentuieren sie das karnevaleske Gesicht des vielgesichtigen Komponisten, die erotische Komik, die Parodie, das gebrochene und das behauptete Pathos. Und das weiß Jaroussky in den Lamenti unnachahmlich zu behaupten!

Wenn Brimonte mit Jarousskys überschnappender Stimme zu den Waffen ruft, dann dämmert dem Hörer, daß es mit einem Sieg in kriegerischen Pappmaché-Gewittern nichts rechtes werden kann. Es sei denn, daß unter der Sinfonia aus „Eliogabalo“, die mit dem ersten Auftreten eines Tarantella-Rhythmus in der Geschichte der Oper endet, gegnerische Verhältnisse zum Tanzen kämen.

Francesco Cavalli Opernarien Erato 2019  www.philippejaroussky.fr