© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/19 / 03. Mai 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ordnung schaffen
Christian Vollradt

Für die endgültige Friedensbotschaft ist es wohl noch zu früh, doch die  Anzeichen dafür, daß der „Krieg der Plakate“ im Bundestag (JF 30/18) bald vorbei ist, mehren sich. Der Austragungsort, vor allem das Jakob-Kaiser-Haus (JKH) mit seinen zahlreichen Abgeordnetenbüros, könnte damit wieder ein – äußerlich – parteipolitisch neutraler Ort werden. 

Rückblick: Ende Oktober hatte der Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Bundestags die Änderung der Hausordnung beschlossen. Darin heißt es nun: Das „Anbringen von Aushängen, insbesondere Plakaten, Postern, Schildern und Aufklebern an Türen, Wänden und Fenstern in den allgemein zugänglichen Gebäudeteilen sowie von außerhalb der Gebäude sichtbar an den Fenstern und Fassaden der Bundestagsliegenschaften“ sei nicht gestattet. Für diese Klarstellung votierten Union, SPD, AfD und FDP. Grüne und Linksfraktion stimmten dagegen (JF 45/18). Kein Wunder, denn es waren ja auch in erster Linie die Türen oder die zum Innenhof gerichteten Fenster von deren Büros, auf denen mittels Plakaten oder Aufklebern der „Antifaschismus“ gepriesen („Bundestag nazifrei“), der „Tag der Befreiung“ gefeiert oder „Bunt statt Grauland“ gefordert wurde.

Darüber gab es schon vor der Sommerpause im vergangenen Jahr Beschwerden im Ältestenrat des Bundestags. Die Bundestagsverwaltung arbeitete daraufhin eine Änderung der Hausordnung aus, die dem großformatigen Wildwuchs ein Ende setzen sollte.  

Doch trotz der Änderung der Hausordnung änderte sich an der Ordnung des Hauses zunächst einmal nichts. Die Plakate – jedenfalls bei Grünen und Linken – blieben weiter hängen. Und manch eines kam sogar noch hinzu. So monierte der Parlamentarische Geschäftsführer (PGF) der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Grosse-Brömer in einer Ältestenratssitzung Anfang April, daß während einer „Fridays for future“-Demonstration an der Fassade des JKH ein Transparent der Linkspartei mit der Aufschrift „Kohle-Lobby entmachten – Wirtschaft sozial-ökologisch umbauen!“ sowie dem Parteilogo angebracht worden war. Damit verstieß die Linksfraktion gegen die gerade geänderte Hausordnung. Es reiche nicht aus, so etwas nach Aufforderung der Bundestagspolizei wieder zu entfernen; das hätte erst gar nicht aufgehängt werden dürfen, empörte sich der Christdemokrat. 

Auf den Hinweis des Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführers der AfD, Michael Espendiller, daß vereinzelt auch noch immer Plakate an Bürotüren der Linken hingen, druckste deren PGF Jan Korte herum, er müsse sich erkundigen, wie da der Stand der Dinge sei. Daraufhin teilte der Direktor des Bundestags mit, man habe den betreffenden Abgeordneten schriftlich eine Frist zur Entfernung gesetzt. Sollten diese Anschreiben erfolglos bleiben, werde die Bundestagsverwaltung die Hausordnung notfalls auch zwangsweise durchsetzen und die Plakate gegebenenfalls selbst abhängen. Die Drohung blieb offensichtlich nicht folgenlos. Einige zuvor beklebte Türen sind inzwischen wieder jungfräulich hölzern.