© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/19 / 03. Mai 2019

Dorn im Auge
Christian Dorn

Tu was gegen Rechts!“ – dreh ’n linkes Ding! Anders läßt sich das Motto auf den Wahlplakaten der Partei Die Linke kaum deuten. Die feigen „antifaschistischen“ Terroristen, die am besten dort gedeihen, wo es gar keinen Faschismus gibt (Henryk M. Broder), haben sich das nicht zweimal sagen lassen. So denunzierte das „Berliner Bündnis gegen Rechts“ mehrfach die an der Raumerstraße befindliche finnische Craft-Bier-Kneipe „Bryggeri Helsinki“, indem die „Aktivisten“ Flyer und Poster an alle Autoscheiben und Haustüren des Viertels anbrachten, die vor der angeblichen „SS-Traditionspflege“ warnten – erfolgreich. So sagt die eine Frau zur anderen, als diese gerade an dem Lokal vorbeilaufen: „Wie gut, daß wir da nicht hingegangen sind! Wir waren eigentlich neugierig und wollten das mal versuchen – ich habe den Zettel auch gleich an Alex weitergegeben!“ Die Lokalität, die einst unter dem Namen des Kennedy-Attentäters „Oswald“ firmierte, hat offenbar kein gutes Karma. Nachdem die Tapas-Bar des Schauspielers Daniel Brühl schon nach einigen Monaten dichtmachen mußte, hat die Antifa in der vergangenen Woche in den Morgenstunden versucht, die großflächigen Fensterscheiben zu „entglasen“, deren Sprungrisse nun durch Tape-Bänder stabilisiert werden. 


Im Radiowecker unterhalb meines Fensters spielt der Berliner Rundfunk nur die „besten“ Hits. Der häufigste Song aus der DDR, der immer wieder erklingt, ist „Am Fenster“ von der Band City, der durch das von den Zigeunern adaptierte Geigenspiel des Bulgaren Georgi „Joro“ Gogow zum Welthit wurde – gegen den anfänglichen Widerstand der DDR-Musikfunktionäre und lange vor der heute üblichen Anklage wegen „cultural appropriation“. Plötzlich bekommt auch der Liedtitel „Wand an Wand“ des legendären City-Albums „Casablanca“ von 1987 eine neue Bedeutung: Seit kurzem ist der City-Musiker „Joro“ mein direkter Nachbar – so „flieg ich“ im Halbschlaf „durch die Welt“, und erwache nachts mit den Nachrichten vom jüngsten FDP-Parteitag. So habe die neue Generalsekretärin Teuteberg gefordert, „Umweltschutz und Wirtschaftswachstum in Einklang zu bringen“. Das klingt wie weiland in der DDR die von der SED und ihrer Organe propagierte „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“. Es erscheint mir wie ein Alptraum im verheißungsvollen Sternenkranz, kurz: als EU-Dämonie. Tatsächlich hängt seit Wochen eine EU-Fahne vom Balkon am Helmholtz-platz, im ersten Stock direkt über dem Café „Wohnzimmer“, als wäre es ein neuer Film von Andreas Dresen: „Europa vorm Balkon“.