© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/19 / 03. Mai 2019

Unser gewaltsames Erbe hat Europa terrorisiert und gespalten
Bauhistorische Lektionen
(ob)

Im Vorfeld der Wahl zum EU-Parlament hat die Brüsseler Kommission 2018 das „Europäische Kulturerbejahr“ ausgerufen. In der geschichtspolitischen Absicht, nationale durch „europäische Kultur“, wie sie in „unseren Städten, Dörfern und Landschaften“ zu entdecken sei, aus dem kollektiven Gedächtnis zu verdrängen. „Europäische Geschichte“, wie sie „ganz lokal bei uns zu Hause“ stattgefunden habe, sollte neue Gemeinsamkeiten zwischen Finnen und Portugiesen, Schweden und Maltesern stiften. Für den Bauhistoriker Harald Bodenschatz war das eine „ziemlich blasse“ Propaganda, wie üblich „von oben gedacht“ (Forum Stadt, 4/2018). Zumal er in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts nichts erkennen will, was tauge, „das Gemeinschaftliche“ in Europa zu fördern. Das Gegenteil zeige sich vor allem in Berlin an jeder Straßenecke. „Unser Erbe hat Europa gespalten“, Berlin sei der Ausgangspunkt für den 1939 organisierten „Überfall auf Europa“, wie er den Krieg gegen Polen mit Schuldstolz nennt. Die Stadt habe sich zwar in den letzten Jahrzehnten ihrer Geschichte gestellt, die „Europa terrorisiert und gespalten“ habe, aber zu zögerlich und „zuwenig europäisch“. Denn in Zeiten des „Aufwinds für nationale Abgrenzungen“ komme das dagegen einsetzbare „gewaltsame Erbe“, das Europa gerade nicht verbunden habe, in der Berliner Topographie noch zuwenig vor. 


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