© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/19 / 17. Mai 2019

Es knirscht in Rom
Italien: Lega-Chef Matteo Salvini ist vom Ärger in der Regierung geplagt und als EU-Netzwerker gefragt
Marco F. Gallina

Der 26. Mai ist eine „Wahl zwischen Leben und Tod, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen einem freien Europa und einem islamischen Staat, der auf Angst und Armut aufbaut.“ Lega-Chef Matteo Salvini heizt die Stimmung auf. In Italien findet nicht nur die EU-Wahl statt, sondern auch Regionalwahlen in der norditalienischen Industrieregion Piemont und Kommunalwahlen in fast 4.000 Städten und Gemeinden. 

 Italiens Vizepremier kürt die Wahl zum Referendum über seine Politik, um den frischen Wind der Regionalwahlen mitzunehmen. Wie wenig das dem in den Umfragen schwächelnden Koalitionspartner von den Fünf Sternen schmeckt, macht der andere Vizepremier, Luigi Di Maio, deutlich: „Der letzte, der von einem Referendum gesprochen hat, war (Ex-Premier) Renzi. Und es ist ihm nicht gut bekommen.“ 

Seit Wochen knirscht es in Rom. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Armando Siri, Staatssekretär und enger Vertrauter Salvinis – wegen möglicher Korruption. Das Kabinett hatte sich über den Fall zerstritten.  Siri wollte sich nicht zurückziehen, selbst als Premier Giuseppe Conte ihn dazu aufgefordert hatte. Innenminister Salvini hielt an Siri fest, Di Maio forderte die Entlassung. Am Ende sah sich Conte zu einem Enthebungsdekret genötigt.

 Zugleich debattiert das Kabinett über eine von der Lega ins Spiel gebrachte 15-Prozent-Flat-Tax, gegen die sich die Fünf Sterne wehrt. Dennoch sinken die Fünf Sterne unter 25 Prozent, die Sozialdemokraten stagnieren bei etwa 20 Prozent, die Lega erreicht dagegen über 30 Prozent. 

Aber Salvini muß nicht nur innenpolitisch punkten. Noch ist das europäische Projekt einer neuen rechten Fraktion nicht abgeschlossen. Ergänzend zum Treffen in Mailand zwischen Lega, AfD, Dänischer Volkspartei und der Finnen-Partei trafen weitere Alliierte in Prag zusammen: diesmal unter der Führung von Marine Le Pen und im Verbund mit der niederländischen Freiheitspartei und der tschechischen Partei „Freiheit und Demokratie“. Salvini indes bezirzte neuerlich die spanische Vox-Partei.

Vorläufiger Höhepunkt der Vernetzung: Salvinis Besuch in Budapest am 2. Mai. Dort traf er sein „Vorbild“ Viktor Orbán. Ungarns Ministerpräsident begrüßte den Italiener herzlich: „Ich bin überzeugt, daß Europa eine Allianz der Anti-Einwanderungsparteien braucht.“ Ob es nur bei freundlichen Worten bleibt oder Orbán doch noch aus der Europäischen Volkspartei zugunsten Salvinis ausschert, bleibt fraglich. Orbán verbindet ein gutes Verhältnis zur polnischen PiS, und die sitzt in der Fraktion der Europäischen Konservativen (EKR). Diese haben allerdings ein Problem: Eine rechte Kleinpartei nach der anderen springt in das Boot des Capitano.