© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/19 / 17. Mai 2019

Hängende Köpfe am Kap
Südafrika: Während ANC und Demokratische Allianz bei der Parlamentswahl Federn lassen mußten, feiern die Buren ihren Stimmenzuwachs
Jörg Sobolewski

Eine stagnierende Wirtschaft, enorme soziale Unterschiede, dazu eine hohe Kriminalitäts- und Arbeitslosenrate –  die Liste der Probleme Südafrikas ist endlos. Nach 25 Jahren ANC-Herrschaft liegt vieles im argen. Die Partei Nelson Mandelas machte vor allem in den vergangenen fünf Jahren vor allem durch Korruptionsskandale, Zerstrittenheit und eigenwillige Gesundheitsratschläge im Umgang mit Aids auf sich aufmerksam. 

Zweifelhaften Ruhm erwarb sich Ex-Präsident Jacob Zuma, als 2016 bekannt wurde, daß aus dem ohnehin knappen Polizeibudget Luxuskarossen für seine vier Ehefrauen beschafft worden waren. Sein Nachfolger ab 2018, der bisher als ruhiger Wirtschaftsfachmann bekannte Cyril Ramaphosa, ließ schließlich im Juli desselben Jahres die lang erwartete Bombe platzen und kündigte an, die Enteignung von Farmland voranzutreiben. 

Was folgte, war allgemeine Aufregung, der Vorsitzende der Vryheidsfront Plus – einer traditionell weißen Minderheitspartei – warnte vor Verhältnissen wie in Simbabwe, und Julius Malema, der Kopf der linksradikalen Economic Freedom Fighters (EFF), verschärfte die Debatte mit regelmäßigen Ausfällen gegen die weiße Minderheit. 

Angesichts der ANC-Versäumnisse reiste Präsident Ramaphosa durch das Land und warb noch kurz vor Parlamentswahl am 8. Mai um Verzeihung und Vertrauen. Und dies fruchtete. Trotz niedriger Wahlbeteiligung von 66 Prozent konnte der ANC erneut eine klare Mehrheit im Parlament halten. Dennoch bleibt als fader Nachgeschmack die Tatsache, daß der ANC seit 1994 über zwei Millionen Wähler verlor und mit 57 Prozent (230 Sitze) das schlechteste Ergebnis seiner Geschichte einfuhr. 

Offensichtlich verfingen die radikalen Parolen der EFF bei vielen Stammwählern des ANC besser. Malemas Partei konnte knapp über zehn Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Der 38jährige  hatte bereits im Vorfeld angekündigt, so lange in der Opposition zu verbleiben, bis seine Partei eine absolute Mehrheit im Parlament erreicht. Mit der gestärkten EFF-Fraktion (44 Sitze) wird der ANC eine laute, radikale Stimme in der linken Flanke spüren, die mit allen Mitteln für eine Landreform werben wird. 

Dabei stoßen die EFF aber auf einen anderen Wahlgewinner: die Vryheidsfront Plus von Pieter Groenewald (JF 19/19). Der  besonnen agierende Bure konnte den Stimmenanteil seiner Partei knapp verdoppeln. Die VF-Plus kommt zwar nur auf 2,4 Prozent (10 Sitze), ist damit aber unter den „Big Five“. Seine Partei, die ursprünglich als reine Minderheitenpartei der Buren gegründet wurde, hatte zuletzt intensiv um die ethnische Gruppe der „Coloureds“ geworben, mit denen die Buren unter anderem die Sprache teilen. Wie es aussieht mit Erfolg, der weiße Bevölkerungsanteil in ganz Südafrika beträgt lediglich acht Prozent, von denen wiederum ein großer Teil englischsprachig ist. Pieter Groenewald, am Wahlabend vom Staatssender SABC als „happiest man in the room“ bezeichnet, zeigte sich hocherfreut über das Ergebnis. Auch künftig werde seine Partei für die „Rechte der Minderheiten in Südafrika eintreten“ und mit anderen Parteien an einem „Südafrika für alle“ arbeiten. 

Hängende Köpfe gab es bei der Democratic Alliance (DA). Die im Westkap starken Liberalen (84 Sitze) konnten zwar ihre Hochburg rund um Kapstadt verteidigen und werden dort auch weiter die Regionalregierung stellen, mußten jedoch Verluste hinnehmen. Die DA hatte vergeblich versucht, sich als besonders „vielfarbig“ aufzustellen, um auch bei der schwarzen Bevölkerung zu punkten.