© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/19 / 17. Mai 2019

Risiken und Nebenwirkungen der EU-Prospektverordnung
Leider nur gut gemeint
Kay Gottschalk

Die neue Prospektverordnung (EU 17/1129) regelt die Bedingungen, zu welchen Anlegergelder in Investitionen fließen können und dürfen. Sie dient dem Verbraucherschutz. Der Verkaufsprospekt muß alle wesentlichen Informationen für den Investor beinhalten. Andererseits soll der Zugang für Start-ups und Mittelständler zum Kapitalmarkt vereinfacht und verbilligt werden. Ein Ansatz, der für den Industrie- und Wissensstandort Deutschland lebensnotwendig erscheint.

Erster Haken dabei ist die Finanzaufsicht Bafin, die diese Prospekte für Containerschiff- bis Windkraftbeteiligung zu prüfen hat: Die Behörde prüft nur formell, sie „hakt“ also nur ab, ob die notwendigen Angaben erklärt worden sind. Die Bafin prüft nicht, ob die Angaben auch stimmen. In Deutschland dürfen Anlageprospekte auch in Englisch erscheinen, was die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen verteuert, denn eine Übersetzung kann schon mal 15.000 Euro kosten. Bei einem Investment von 25.000 Euro stellt sich hier die Frage nach der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit.

Neu ist auch, daß bis zu einer Emissionshöhe der Anlage von acht Millionen Euro zukünftig kein – bis zu 225 Seiten starker Prospekt – mehr notwendig ist, sondern nur noch ein dreiseitiges Wertpapierinformationsblatt. Dies enthält aber nur die notwendigsten Angaben – das beißt sich beispielsweise mit demWertpapierprospektgesetz. Zudem soll durch Ausnahmen von der teuren Prospektpflicht das Crowdinvesting – sich via Internet an einer Idee zu beteiligen – in Deutschland gefördert werden. Diese „Schwarmfinanzierung“ sollte eigentlich Jungunternehmern die Kapitalbeschaffung erleichtern und zugleich den Bürgern Kleinstinvestitionen mit Renditepotential ermöglichen, was in Zeiten der Nullzinspolitik zunächst vernünftig erscheint.

Der Evaluierungsbericht der Bundesregierung spricht eine andere Sprache, denn 2018 verteilte sich das Crowdfunding wie folgt: Vorn lagen Immobilienprojekte (212 Millionen Euro). Es folgten Unternehmen (80 Millionen) und Energieprojekte (sechs Millionen). Sprich: 60 Prozent flossen in die Immobilienfinanzierung. In einen Markt, der überhitzt ist und oftmals in Projekte, bei denen Banken, Sparkassen oder Versicherungen abwinkten. Beim Crowdfunding wurde zudem auf das Genußrecht und stille Beteiligungen ausgewichen, wo bei einer Pleite die Anleger oft leer ausgehen – Prokon (JF 22/15) oder German Pellets (JF 8/16) lassen grüßen.

Als Fazit bleibt, daß die Regierenden Fehler sehen und erkennen, daß Gesetze an der Realität vorbeigehen – aber ohne entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Der Wasserkopf in Brüssel produziert zudem Verordnungen, die in Berlin schärfer umgesetzt werden als im Rest der EU.






Kay Gottschalk ist AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuß.