© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/19 / 24. Mai 2019

Grüße aus London
Linke Furcht vor Farage
Derek Turner

Drei Jahre nach dem Volksentscheid zugunsten des EU-Austritts und drei Wochen nach Kommunalwahlen in England, bei denen sowohl die Konservativen als auch Labour herbe Verluste einstecken mußten, herrscht im Noch-EU-Mitgliedstaat Mißmut und Ungeduld: auf der einen Seite Unverständnis über das bereits zweimal verschobene Austrittsdatum; auf der anderen Seite unterzeichneten Ende März knapp sechs Millionen Menschen eine Petition für den Verbleib in der EU.

Angesichts der festgefahrenen Lage, in der sich die Abgeordneten der etablierten Parteien einfach nicht über die Austrittsbedingungen einigen können oder wollen, setzen viele auf die Neugründung des früheren Ukip-Chefs Nigel Farage – als Ausweg aus der Sackgasse.

Ein fanatisierter Gegner Farages bewarf diesen in Newcastle mit einem Milchshake.

Der Name seiner Brexit Party ist Programm, und nach drei Jahren im selbstgewählten politischen Abseits kostet Farage das Rampenlicht voll aus. Mit einem disziplinierteren und seriöseren Auftreten als je zuvor wird er in Gegenden mit hohem Anteil an „Leave“-Wählern als Hoffnungsträger gefeiert. Aktuellen Umfragen zufolge würden die regierenden Konservativen bei einer Parlamentswahl derzeit hinter Labour und der Brexit Party auf dem dritten Platz landen.

Pro-EU-Wähler haben in einer fragmentierten Parteienlandschaft die Qual der Wahl zwischen Liberal Democrats, Grünen, der SNP in Schottland, Plaid Cymru in Wales und Sinn Fein in Nordirland sowie den Ex-Konservativen und Ex-Labour-Abgeordneten, die sich in der Formation Change UK zusammengefunden haben.

Beim linksliberalen Guardian sah man indessen einem wahrscheinlichen Triumph für Farage mit kaum verhülltem Horror entgegen. Glossenschreiber John Crace berichtete von einer Wahlveranstaltung der Brexit Party im nordenglischen Pontefract, bei der Farage und seine Mitstreiterin, die ehemalige konservative Abgeordnete Ann Widdecombe, mit enthusiastischen Sprechgesängen begrüßt worden seien. Beide pflegten eine Rhetorik, wie man sie von Donald Trump kenne, und seien damit bei dem „überwiegend weißen Lynchmob“ hervorragend angekommen.

Wer den wahren Mob stellt, zeigte sich allerdings am Montag: Ein fanatisierter „weißer“ Gegner Farages bewarf diesen auf dem Weg zu einem Wahlkampfauftritt in Newcastle mit einem Milchshake und besudelte ihm den Anzug. Die Begründung des Täters war nicht eben einfallsreich: wegen Farages angeblichem „Rassismus“.