© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/19 / 24. Mai 2019

Schwammige Formulierungen
Live-Streaming: In Paris fand der „Christchurch-Gipfel“ statt / Facebook führt neue Richtlinien ein
Björn Harms

Künftig soll alles besser werden: Neun große Internetkonzerne und 17 Staaten haben sich am Mittwoch in Paris einer gemeinsamen Erklärung angeschlossen, verstärkt gegen „extremistische und gewalttätige Inhalte“ im Internet vorgehen zu wollen. Zusammen mit der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zum „Christchurch-Gipfel“ eingeladen, bei dem die Teilnehmer über Möglichkeiten diskutierten, die Verbreitung solcher Inhalte auf Social Media-Plattformen zu unterbinden. 

Hintergrund war der Mitte März verübte Terroranschlag des Australiers Brenton Tarrant in Christchurch. Den Anschlag streamte er live per Helmkamera über Facebook. Das 17minütige Video sahen zwar nur einige hundert Personen im Original, es wurde jedoch kopiert und millionenfach weiterverbreitet. Genau das soll in Zukunft verhindert werden. Facebook nahm die Ergebnisse des Gipfels bereits vorweg und führte noch am selben Tag neue Richtlinien für Live-Streams ein. So sollen Nutzer nach einem Regelverstoß „eine bestimmte Zeit lang“ gesperrt werden, vermeldete der Konzern. Der Verstoß muß dabei nicht direkt in einem Live-Video vorkommen. Es reicht, wenn man einen Link zu „gefährlichen Organisationen oder Personen“ teilt. 

Wie so häufig bleiben die Formulierungen damit schwammig und rechtlich ungenau. Eine „international anerkannte und verbindliche Definition terroristischer und gewalttätiger Inhalte“ fehle, monierte auch der Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, Patrick Breyer. Alleine dadurch begünstige die „Initiative eine willkürliche Privatzensur“. Zudem hätten sich die für die Maßnahmen notwendigen „automatisierten Zensuralgorithmen als extrem fehleranfällig erwiesen“. Die USA verwehrten dem „Christchurch-Aufruf“ unterdessen ihre Unterschrift. Zwar unterstütze man das Ziel, gegen terroristische Inhalte im Internet vorzugehen, teilte das Weiße Haus mit, doch müsse die Meinungs- und Pressefreiheit gewahrt bleiben.