© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/19 / 31. Mai 2019

Mißtrauensantrag gegen Österreichs Kanzler erfolgreich
Kurz pokert hoch
Andreas Unterberger

Es ist ziemlich einmalig: Am Tag nach seinem großen Erfolg bei der EU-Wahl sind ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz sowie sein Minderheitskabinett per Mißtrauensvotum aus dem Amt gefegt worden. Sozialdemokraten und Freiheitliche haben das gemeinsam getan. Obwohl sie einander eigentlich voll Haß gegenüberstehen. Und obwohl sich zwei Drittel der Österreicher bei aktuellen Umfragen für einen Verbleib von Kurz aussprachen. 

Dieser geht nun mit einem großen Märtyrer-Bonus in die auf September vorgezogenen Parlamentswahlen. Darauf zielte er aber ganz offensichtlich selbst ab. Er hat jedenfalls weder der mit ihm seit langem verfeindeten SPÖ noch seinem bisherigen Koalitionspartner FPÖ Angebote gemacht, um sie vom Mißtrauen abzuhalten. Er pokert hoch.

Kurz nutzte das Auftauchen des katastrophalen Ibiza-Videos aus dem Jahr 2017, um in für die ÖVP aussichtsreiche Neuwahlen zu gehen. Mit dem Hinauswurf der FPÖ aus der Regierung war die erfolgreiche ÖVP-FPÖ-Koalition vorzeitig und irreparabel zerbrochen. Unnötigerweise. Dabei haben sogar noch in der Mißtrauensdebatte beide Parteien die Zusammenarbeit miteinander emphatisch gerühmt. Absurd.






Dr. Andreas Unterberger war 14 Jahre Chefredakteur der Presse und der Wiener Zeitung und betreibt den Blog www.andreas-unterberger.at