© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/19 / 31. Mai 2019

„Gekommen, um zu bleiben“
Kommunalwahlen: AfD und Grüne fahren Gewinne ein
Felix Krautkrämer / Björn Harms

In zehn Bundesländern haben die Wähler nicht nur über das Europaparlament abgestimmt, sondern auch über ihre Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage und Bürgermeister. Die Kommunalwahl am vergangenen Sonntag galt vielen als Stimmungstest, gerade in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo in diesem Jahr neue Landtage gewählt werden. Und die Ergebnisse dürften sowohl bei der CDU als auch bei SPD und Linkspartei für tiefe Stirnfalten sorgen: Während sie abgestraft wurden, legte die AfD in den neuen Bundesländern kräftig zu, selbiges gilt für die Grünen in den alten.

AfD-Kandidat Wippel muß in zweiten Wahlgang

Vor allem in Sachsen sorgte die AfD für einen Paukenschlag. Nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen erhielt die AfD laut Focus 28,3 Prozent im Freistaat. Die CDU landete mit 25,5 Prozent nur auf Platz 2, weshalb CDU-Generalsekretär Alexander Dirks von einem „bitteren Ergebnis“ sprach. Bei der Kommunalwahl 2014 lag die Partei noch bei 33,3 Prozent. Hinter AfD und CDU rangieren Linke (10,8 Prozent), SPD (8,1 Prozent), Grüne (6,9 Prozent) und FDP (4,7 Prozent). „Wir sehen, daß die AfD in Sachsen schon lange keine Protestpartei mehr ist“, sagte der sächsische AfD-Chef Jörg Urban am Montag. Die Menschen würden der AfD vertrauen, eine verantwortungsvolle Politik zu machen. „Das wollen wir nach der Landtagswahl auch gern tun.“ 

Unterdessen hat seine Partei gute Chancen, erstmals in Deutschland einen Oberbürgermeister zu stellen. AfD-Kandidat Sebastian Wippel gewann im sächsischen Görlitz den ersten Wahlgang (JF 20/19). Er kam auf 36,4 Prozent der Stimmen, verpaßte allerdings die notwendige absolute Mehrheit. Auf Platz 2 landete CDU-Mann Oktavian Ursu (30,3 Prozent), die drittmeisten Stimmen erhielt Grünen-Bewerberin Frankziska Schubert (27,9 Prozent). Für Jana Lübeck (Linkspartei) stimmten lediglich 5,5 Prozent der Wähler. 

Damit kommt es am 16. Juni zu einem zweiten Wahlgang, bei dem eine einfache Mehrheit zum Sieg reicht. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT sprach Wippel von einem „grandiosen Ergebnis“, das er in dieser Höhe nicht erwartet habe. „Es zeigt: Die Leute hier wollen einen Wechsel.“ Dennoch könnte es beim zweiten Wahlgang für ihn schwer werden. Absprachen unter den etablierten Parteien sind wahrscheinlich, Schubert könnte von einer weiteren Kandidatur absehen. „Ich möchte nicht, daß Görlitz einen AfD-Bürgermeister hat“, kündigte sie bereits kurz nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse an. Sie werde überlegen, ob sie zum zweiten Wahlgang antrete.

In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden ergatterten die Grünen nach Auszählung nahezu aller Wahlgebiete mit 20,4 Prozent den Spitzenplatz. Zweiter wurde die Union (18,3 Prozent), gefolgt von der AfD mit 17,1 Prozent. In Leipzig wurde die Linkspartei mit 21,4 Prozent Spitzenreiter vor den Grünen mit 20,7 Prozent. Die AfD landete mit 15,7 Prozent auf Platz 4.

In Thüringen muß Ministerpräsident Bodo Ramelow derweil um seinen Posten bangen. Sowohl seine Linkspartei als auch der Regierungspartner SPD verloren deutlich gegenüber der Kommunalwahl 2014. Lediglich die Grünen gewannen zwei Punkte hinzu. Stärkste Kraft wurde die CDU, auch wenn sie im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl sechs Punkte einbüßten. Auf Platz 2 landete mit einem Plus von mehr als 17 Punkten die AfD, die 18 Prozent holte.

Auch in Brandenburg wird in drei Monaten ein neuer Landtag gewählt. Hier behauptete die CDU bei den Kommunalwahlen mit 18,3 Prozent den ersten Platz, verlor jedoch 6,5 Prozentpunkte gegenüber der Wahl 2014. Knapp dahinter landete die SPD mit 17,7 Prozent (minus 6,9 Punkte), während die AfD mit 15,9 Prozent (plus zwölf Punkte) den dritten Platz erreichte. AfD-Landeschef Andreas Kalbitz verspricht sich von dem Ergebnis „ordentlichen Rückenwind“ für die Landtagswahl. „Die AfD ist gekommen, um zu bleiben“, bekräftigte er. Ihre besten Ergebnisse erzielte die Partei vor allem im Südosten Brandenburgs. Auch in Cottbus landete sie mit 22,3 Prozent auf Platz 1 – mit großem Abstand zur CDU (17,2 Prozent).

Grüne liegen in  Baden-Württemberg vorn 

In Mecklenburg-Vorpommern kam die CDU auf gut 25 Prozent der Stimmen. Die Linke erreichte 16 Prozent, die SPD 15 Prozent. Die meisten Gewinne erzielte auch hier die AfD – sie kam auf 14 Prozent. Claus Ruhe Madsen hat unterdessen gute Chancen, als erster Ausländer Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt zu werden. Der parteilose Däne gewann in Rostock den ersten Wahlgang mit 34,6 Prozent der Stimmen. Nun kommt es zur Stichwahl mit Steffen Bockhahn (Die Linke).

In Sachsen-Anhalt kommt die CDU nach Auszählung der Wahlkreise auf 24,6 Prozent, gefolgt von der AfD mit 16,4 Prozent. Die SPD kam auf knapp 14 Prozent, die Linke auf rund 15 Prozent. Ein gänzlich anderes Bild ergibt sich in Baden-Württemberg, wo die Grünen in den großen Städten hohe Gewinne einfuhren. So erhielt die Partei in Mannheim, Karlsruhe und Stuttgart zwischen 25 und 30 Prozent, während CDU und SPD massive Verluste zu beklagen hatten. Auch in Hamburg lagen die Grünen im Aufwind und landeten bei rund 30 Prozent – ein Plus von zwölf Prozent gegenüber 2014.