© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/19 / 31. Mai 2019

Blick in die Medien
Volkserziehungs- Offensive
Tobias Dahlbrügge

Oft wird zu Recht kritisiert, daß deutsche Journalisten sich nicht als Berichterstatter, sondern als Volkserzieher verstehen und nicht kapieren, daß die Meinung nicht in die Nachricht, sondern in den Kommentar gehört. Neu ist, daß dieser Vorwurf gar nicht mehr abgestritten, sondern ganz frech offen zugegeben und als Tugend verkauft wird!

In der Einladung zum „Journalismusforum 2019“ heißt es völlig schamlos und unverhohlen: „Rollenwechsel in Medienhäusern: von der reinen Beobachterrolle hin zur Impulsgeber-Rolle gesellschaftlichen Wandels – nicht mehr nur die Welt beschreiben und kommentieren, sondern selbst Hand anlegen und Aktionen anstoßen, bei denen viele Menschen teilnehmen. Dürfen Medienhäuser so etwas? Ist das noch Journalismus? Ob sie es dürfen, haben viele Medienhäuser für sich mit JA beantwortet.“ Haben wir gemerkt.

Das Ziel der Veranstaltung sind „konkrete Veränderungen in der Gesellschaft“.

Das Journalistenforum ist eine Veranstaltung der „ARD.ZDF medienakademie“ mit Sitz in Nürnberg, deren Gesellschafter die Rundfunkanstalten von ARD und ZDF sowie das Deutschlandradio sind. Die Schulungszentren befinden sich in Nürnberg und Hannover. Zu den Referenten gehören neben Werbefuzzys unter anderem Oliver Reinhard, stellvertretender Feuilleton-Chef der Sächsischen Zeitung, WDR-Redakteurin Solveig Pott, Frank Rugullis, Online-Leiter des MDR Sachsen-Anhalt, Karen Schmied, Programmchefin von Radio Fritz, und Mark Spörrle, stellvertretender Chef vom Dienst der Zeit.

Ziel des Forums sind – neben „besserer Quote auf allen Kanälen oder erhöhten Werbeeinnahmen“ – konkrete „Veränderungen in der Gesellschaft“. Die Veranstaltung soll „Ideen vermitteln, wie man selbst eine passende Aktion zu dem eigenen Sendeformat generieren kann.“ Das heißt, erst als „Aktivist“ eine Kampagne initiieren und dann selbst darüber berichten – als Politkommissar und Reporter in einem. Sie lernen es nie.