© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/19 / 31. Mai 2019

Frisch gepresst

Pius XII. In Zeiten des geschwätzigen Gesinnungsethikers Franziskus stellt eine Studie des Berliner Historikers Michael Feldkamp einen Mann vor, der seine Worte in Verantwortung um mögliche Folgen sorgsam wog: Papst Pius XII. Sachlich, quellengesättigt und fern von Apologetik erzählt Feldkamp das Leben des Priester-Diplomaten Eugenio Pacelli über die Stationen als Friedensunterhändler im Ersten Weltkrieg, als römischer Nuntius in Bayern und im Reich, als Kardinalstaatssekretär für die Interessen der Weltkirche sowie schließlich als Papst im Zweiten Weltkrieg. Sein Pontifikat zu einer Zeit, als der Kirche mit den braunen und roten Totalitarismen zu allem fähige Gegner erwuchsen, erforderte höchstes diplomatisches Geschick, um die Kirche zu bewahren sowie in strikter Neutralität Kanäle für humanitäre Hilfe und Friedensvermittlung offenzuhalten. Pacelli wählte, da Appelle Hitler nur zu Wut gereizt hätten, den Weg der verborgenen Hilfe für die verfolgten Juden. Zu Lebzeiten genoß Pius XII. hohe Wertschätzung in der freien Welt. Sowjetisch inspirierte Desinformation in Gestalt von Hochhuths Verleumdungsdrama „Der Stellvertreter“ verdüstert sein Andenken bis heute. (ru)

Michael F. Feldkamp: Pius XII. Ein Papst für Deutschland, Europa und die Welt. Patrimonium Verlag, Aachen 2018, broschiert, 198 Seiten, 14,80 Euro





Holodomor. Am Anfang war die dem kommunistischen System immanente Mißwirtschaft, die in der Sowjetunion die Landwirtschaft in einen kollektivistischen Plan zwingen wollte – mit dramatischen Folgen für die Lebensmittelversorgung und den „Kulaken“ als erste Opfer eines Massenmordes. Die US-Historikerin Anne Applebaum, bekannt durch ihre hervorragende Arbeit über das Gulag-System (2003), hat diese sich Anfang der dreißiger Jahre zu einer gewaltigen Hungerkatastrophe zuspitzende Krise in einer bemerkenswerten Monographie aufbereitet, wobei sie die von Stalin ganz bewußt mitkalkulierte Anheizung des nationalen Kampfes gegen die aus Revolutionstagen als unsichere Kantonisten geltenden Ukrainer in den Fokus rückt. Obwohl viele Fakten für diese – nicht neue – These sprechen, erfährt die Darstellung in Zeiten des russisch-ukrainischen Konfliktes eine pikante politische Pointierung – nicht zuletzt auch, da Applebaum in dieser Frage eine gewisse Parteilichkeit nachgesagt werden könnte. (bä)

Anne Applebaum: Roter Hunger. Stalins Krieg gegen die Ukraine. Siedler Verlag, München 2019, gebunden, 541 Seiten, Abbildungen, 36 Euro