© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/19 / 07. Juni 2019

Ralph Ghadban ist bekannt als Experte für kriminelle Clans. Doch seine Kritik reicht weiter.
Und dahinter der Islam
Fabian Schmidt-Ahmad

Ralph Ghadban zählt zu jenen Einwanderern, die sich um Deutschland verdient gemacht haben. Eigentlich könnte er also lebender Beweis dafür sein, daß die Zuwanderung Gewinn und kein Problem ist. Doch eben sein Fall zeigt wie kaum ein anderer deren erschreckende Kehrseite.

Denn Ghadbans Mut und Akribie verdanken wir einen erheblichen Anteil der öffentlichen Aufklärung über die sogenannte Clan-Kriminalität vor allem orientalischer Familien, die seit den siebziger Jahren in Deutschland eine eigene, dunkle Welt errichtet haben. Und inzwischen gilt der 1949 im Libanon geborene promovierte Politologe, der 1972 zum Studieren nach West-Berlin kam, gar als Deutschlands bekanntester Experte für das Thema – auch dank seines neuen Buches „Arabische Clans. Die unterschätzte Gefahr“ (JF 17/19). Viele Größen des Clanmilieus kennt Ghadban, der von 1977 bis 1992 als Sozialarbeiter des Diakonischen Werks Ansprechpartner für Araber in Berlin und unter anderem Anstaltsbeirat der Berliner JVA Tegel war, persönlich. Doch wer geglaubt hat, daß sein couragierter Einsatz dazu führen würde, daß die Clans nun unter Druck geraten, sieht sich enttäuscht. Unter Druck steht hierzulande vielmehr der furchtlose Aufklärer, der infolge des Erscheinens seines Buches unter Polizeischutz leben muß. So groß ist die Macht der Clans (und die Ohnmacht des deutschen Staates) offenbar bereits, daß die Behörden ihm sogar rieten, trotz ihres Schutzes besser unterzutauchen.  

Allerdings wird es Ralph Ghadban nicht gerecht, ihn auf den Clan-Experten zu reduzieren. Denn letztlich ist der Clan, so seine zentrale These, nur die moslemische Welt in nuce. Aus seiner Funktion lasse sich nämlich Allgemeingültiges über die islamische Gesellschaft sowie die westliche Naivität ihr gegenüber sagen. Etwa am Beispiel Tariq Ramadans, dem Enkel des Moslembruderschaft-Gründers Hassan al-Banna, zeigt Ghadban das beispielhaft auf. In seinem Buch über den von multikulturellen Integrationsbefürwortern gefeierten Genfer Professor und Islamfunktionär legt er dar, wie sich dessen offizielle Distanzierung vom islamistischen Großvater in seinem Werk gar nicht wiederfindet. Vielmehr vollziehe sich darin die gleiche totalitäre Vereinnahmung und Instrumentalisierung der islamischen Geschichte wie bei dessen Vorfahr – und die auf eine Konfrontation mit der europäischen Gesellschaft hinausläuft. Denn, warnt Ghadban, das Sittengesetz des Islam gehe, entgegen dem „verhängnisvollen Irrsinn, den Multikulti verbreitet“, entscheidend über das einer Religion hinaus.

Ghadban, vormals Mitglied der Islamkonferenz, die er inzwischen aber eine „Perversion des Rechtsstaats“ nennt, will Brücken bauen. Tragfähige Brücken – statt solcher, die aus Phrasen von Journalisten, Politikern und Islamfunktionären bestehen.