© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/19 / 07. Juni 2019

Grüße aus Rom
Chinas Kolonie?
Paola Bernardi

Es war ein „pharaonischer Empfang“, den Rom dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping mit Frau und Entourage bereitete. Vier Tage lang dauerte dieser Staatsbesuch mit Pomp und Prunkparaden. Der mächtige Chinese war auf Shoppingtour in Europa, und das hochverschuldete Italien mit seiner zerstrittenen Regierung witterte Morgenluft. 

Pekings Charmeoffensive fiel  auf fruchtbaren Boden: Es wurden Abkommen von insgesamt 29 bilateralen Vereinbarungen sowie ein Rahmenabkommen zur Teilnahme Italiens an der Neuen Seidenstraße unterzeichnet. Xi war sichtlich begeistert, obwohl Staatspräsident Sergio Mattarella immerhin auch an die Einhaltung von Menschenrechten in China erinnerte. 

Doch  gerade die Zusage Roms über das geplante Rahmenabkommen mit den Häfen Triest und Genua birgt enorme politische Sprengkraft. Der Pomp  des Staatsbesuchs im März verblaßt von Tag zu Tag mehr. Soll doch Norditalien somit künftig zum Umschlagplatz für chinesische Exporte per Straße und Schiene mit ganz Europa werden.

Täglich erscheinen Leserbriefe, in denen erzürnte Leser gegen den Deal protestieren.

Nicht nur Washington und Brüssel echauffieren sich über das Abkommen, das den Chinesen das Tor für den Export in den gesamten europäischen Markt öffnet.

 Vor allem in Triest an der Adria gehen die Wogen hoch. Ein Schreckgespenst geht um. Ausgerechnet diese alte Hauptstadt Mitteleuropas, der ehemals größte Freihafen der Habsburgermonarchie, im 18. Jahrhundert entstanden unter Maria Theresia, soll nun von Chinesen beherrscht werden? Juden, Griechen, Serben siedelten sich hier an und machten die Stadt reich. Die Schönheit der Lage am Meer, die harmonische Architektur machen die Stadt zu einer der anziehendsten Europas. Bis heute nennt man Triest das „Kleine Wien am Meer“. Nie gab es hier Konflikte zwischen den Konfessionen: Katholiken, Juden und Orthodoxe leben hier immer in voller Eintracht.

 Täglich erscheinen nun Leserbriefe im Il Piccolo, der führenden Triester Tageszeitung, in denen erzürnte Leser gegen diesen Deal protestieren: Italien sei in die „Schuldenfallen-Diplomatie“ der Chinesen hineingetappt. Und auch der italienische Innenminister von der rechten Lega, Matteo Salvini, sieht eine  drohende „Kolonialisierung“ aufziehen. Sein Regierungspartner von der linken Fünf-Sterne-Bewegung hingegen, Luigi Di Maio, Minister für wirtschaftliche Entwicklung, ist Feuer und Flamme.