© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/19 / 14. Juni 2019

Ländersache: Nordrhein-Westfalen
Just mürriyet
Karsten Mark

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) will seiner Polizei wieder mehr Respekt verschaffen. Ein Schwerpunkt dabei: die Bekämpfung der kriminellen Machenschaften kurdisch-arabischer Familienclans an Rhein und Ruhr. Kaum eine Woche vergeht ohne Razzien in Shisha-Bars, die als Treffpunkte der Clans gelten. 

Eine „Strategie der tausend Nadelstiche“ nennt Reul das. Unterdessen sieht sich die Polizei nun ihrerseits seit Wochen mit Provokationen und Machtdemonstrationen im öffentlichen Raum konfrontiert, die eine neue Qualität erreicht haben: Türkische und arabische Hochzeitsgesellschaften blockieren Autobahnen und Innenstadtkreuzungen, schießen aus fahrenden Autos heraus mit Schreckschußwaffen, zünden Böller oder parken, wie kürzlich in Köln geschehen, mit 50 Autos in zweiter Reihe, um den Bräutigam abzuholen.

Seitdem Ende März eine türkische Hochzeitsgesellschaft bei Ratingen die stark befahrene Autobahn 3 Richtung Köln mit teuren Luxusautos blockierte und mit qualmenden Reifen Gummikringel auf der Fahrbahn hinterließ, reißen die Meldungen über solche Auswüchse, die längst über NRW hinausreichen, nicht ab. Reul hat die Bekämpfung dieser „Exzesse“, wie er sie selber nennt, zur Chefsache gemacht. Er gründete eine Ermittlungskommission und ließ erstmals ein Lagebild erstellen. 129mal rückte die nordrhein-westfälische Polizei demnach seit Anfang April zu Einsätzen bei überwiegend türkischen Hochzeiten aus. Mitte Mai zählten die Beamten 32 Einsätze an nur einem Wochenende. An den „Autoposern“ von Ratingen statuierten die Strafverfolger daraufhin ein Exempel: Unter anderem mit einem Spezialeinsatzkommando wurden Wohnungen von Verdächtigen in mehreren Städten durchsucht und Speichermedien mit vermuteten Handyvideos sichergestellt.

Ob das harte Vorgehen abschreckende Wirkung entfaltet, wird sich erst noch zeigen müssen. Autobahn-Blockaden gab es jedenfalls noch einige in jüngster Zeit. Auf der A57 in Köln tanzten Frauen auf der Fahrbahn, und von der A4 bei Düren wurde ein ähnlicher Vorfall gemeldet. Auch in Westfalen mußte die Polizei „Sperrungen“ der A52 bei Marl und der A2 bei Bergkamen auflösen. „Autobahnen und Innenstädte sind keine privaten Festsäle“, sagte Reul noch im April bei einer Presskonferenz. „Jeder hat sich an die geltenden Regeln zu halten, sonst setzt die Polizei der Feier sehr schnell ein ernüchterndes Ende. Wenn Hochzeitsgesellschaften sich und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen, werden die Toleranzgrenzen unserer Gesellschaft klar überschritten.“ Mittlerweile wirkt das Vorgehen seiner Ordnungshüter allerdings eher hilflos. 

Mit Flugblättern soll nun – nach dem Ende des vergleichsweise ruhig verlaufenen Fastenmonats Ramadan – an die Vernunft der Hochzeitsgesellschaften appelliert werden. Daß diese Taktik aufgeht, darf indes bezweifelt werden. Als die Polizei in Duisburg im April einen wild hupenden Hochzeitskorso mit Syrern kontrollierte, stellte sich heraus, daß einige der jungen Fahrer überhaupt keinen Führerschein besaßen. Eines der Autos war zudem weder zugelassen noch versichert. „Von Einsicht keine Spur“, berichtete anschließend ein Sprecher der Behörde. „Die Beteiligten beschwerten sich vor Ort über den Einsatz.“