© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/19 / 14. Juni 2019

Grüße aus Bern
Heute mal ein VIP
Frank Liebermann

Der kleine Bahnhof im Stadtteil Wankdorf von Bern erlebt häufig Menschenanstürme. Die Fußball- und Eishockeystadien locken regelmäßig viele Besucher an. Deutschen ist das Stadion noch vom Fußballwunder 1954 bekannt. 

Heute zieht es Horden von schwarz gekleideten Menschen zum „Stade de Suisse“, so heißt das ehemalige Wankdorfstadion seit ein paar Jahren. Auch mich. Rammstein spielt. Die Polizei hat alles ordentlich abgesperrt, so daß es keine Schwierigkeiten beim Überqueren der Straßen gibt. Der Weg wäre auch ohne die Rammstein-Markierungen leicht zu finden. 

Wie bei einer Schnitzeljagd, müßte der geneigte Besucher nur den leeren Bierflaschen und Dosen folgen, schon käme er an sein Ziel. Am Stadion angekommen, ist der Platz prall gefüllt.

Gott sei Dank habe ich VIP-Tickets und muß nicht stundenlang anstehen, wie das bei den billigen Plätzen der Fall ist. Warum ich ein VIP-Ticket habe? Leider nicht, weil ich reich oder JF-Autor bin. Die normalen Tickets waren im Vorverkauf nach einer halben Stunde ausverkauft, auch kontinuierliches Klicken am Computer nach Verkaufsstart nützte nichts.

Rammstein ist das, was  früher „Wetten, dass ...“ war: Unterhaltung für die ganze Familie.

Die VIP-Lounge ist schön. Hübsche Hostessen strahlen die Gäste freundlich an und verteilen Bändchen. Das Essen schmeckt wie in meiner Kantine. Am Buffet sehe ich, daß der Rammstein-Fan Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti mag.

Rammstein verspricht immer eine heiße Show. Dieses Mal ist das Wetter schwül, die Sonne brennt am Anfang noch in das Stadion. Die Band legt mit Feuerbällen und einem lauten Knall los. Ein Blick ins Publikum zeigt, das Publikum ist vom Alter gemischt. Ein Bekannter von mir hat seinen Sohn mitgebracht. Rammstein ist inzwischen das, was Thomas Gottschalk früher mit „Wetten, dass ... “ war: Unterhaltung für die ganze Familie.

Wie immer ist die Show gigantisch. Der Mix aus alten und neuen Liedern kommt gut an. Zum Schluß lassen sich die Musiker mit einem Fahrstuhl in die Höhe fahren, bis sie mit einem lauten Knall verschwinden. 

Beim Verlassen des Stadions bekomme ich noch zarte-Rammstein Pralinen geschenkt. Irgendwie verrückt.

Und was war das Schönste am Konzert? Über vierzigtausend Menschen, die in einem Schweizer Stadion aus vollem Hals  „Deutschland“ schreien!