© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/19 / 14. Juni 2019

Zeitschriftenkritik: Natur
Wohltuende Naturklänge
Werner Olles

Während wir mit unserem Lärm ganze Ökosysteme stören, kann uns die Natur mit ihren Klängen und ihrer Ruhe Gutes tun. Natur, das monatlich erscheinende „Magazin für Natur, Umwelt und besseres Leben“, erklärt in seiner aktuellen Ausgabe (6/19), wie die Klangwelten der Natur auf die Seele des Menschen wirken. So beschreibt die Redakteurin Henrike Wiemer in ihrem Editorial nicht nur das Erlebnis der Einsamkeit und der Stille des Waldes in einer Hütte im Wald in Schweden, sondern auch die akustischen Eindrücke der Windräder, von denen einige in der Nähe ihrer Hütte standen. Weil sie lange Spaziergänge machte, hörte sie diese nicht ständig, doch sie war sich sicher: „Hätte ich dort gelebt, hätte mich das rhythmische Surren nach einer Weile verrückt gemacht.“ 

In ihrer Titelgeschichte untersucht die Zeitschrift, wie sich unsere „akustischen Fußabdrücke“ für Tiere anhören, die sich mit Hilfe ihres Gehörs orientieren, wie beispielsweise Delphine oder Wale. Es geht um die Belastung, die unser Krach für viele Tierarten darstellt, aber auch um die erstaunlichen Anpassungsleistungen, die manche von ihnen vollbringen. Die Forschung ist auf diesem Gebiet zu interessanten Resultaten gekommen, die uns helfen, die Natur mit anderen Augen zu sehen und mit anderen Ohren zu hören. So konnte ein Forschungsteam in Idaho im Nordwesten der USA zeigen, wie allein der Lärm einer Straße das Verhalten und die Gesundheit von Zugvögeln stört. Die Tiere, die dort gesichtet wurden, waren in schlechter körperlicher Verfassung und erholten sich während der Flugpausen weniger gut als die Vögel, durch deren Gebiet keine Straße führte. Es war der Lärm, der die Zugvögel vertrieb und denen, die blieben, zu schaffen machte.

Ähnliche Effekte hat Lärm auf Präriehunde. Die zu den Erdhörnchen gehörenden Tiere lassen sich in lauten Gebieten kaum blicken und jagen seltener. An der Universität Tübingen untersuchte man, ob und wie Fledermäuse von menschlichem Lärm gestört werden. Fledermausarten wie das Große Mausohr verlassen sich beim Jagen auf Geräusche der Beutetiere. Im Experiment war zu sehen, daß die Tiere am liebsten in stillen Umgebungen jagen und laute Gebiete meiden. Straßenlärm, aber auch Windräder erschwerten es den Fledermäusen, ihre Beute zu erspüren.

Daß Lärm auch ganze Ökosysteme negativ beeinflussen kann, fand ein Forscherteam in Mexiko heraus. Es konnte beweisen, daß in lauten Gebieten weniger Exemplare einer Kiefernart wuchsen, weil diese Landstriche von Vogelarten gemieden wurden, die zur Verbreitung der Kiefernsamen beitrugen. Ob auch Pflanzen von menschlichem Lärm gestört werden, ist noch unklar, doch gibt es Belege, daß sie Schallwellen wahrnehmen und darauf reagieren. So beeinflußt der Klang fließenden Wassers die Wuchsrichtung von Erbsenpflanzen. Naturklänge wie der Vogelgesang haben positive Effekte auf den Menschen und tragen zur Entspannung bei. 

Kontakt: Konradin Medien, Ernst-Mey-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen. Einzelheft 5,90 Euro, Jahresabo 71,40 Euro.

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