© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/19 / 21. Juni 2019

Blick in die Medien
Überall Ärger
Tobias Dahlbrügge

Es gibt Ärger im Deutschen Journalisten-Verband (DJV): Auslöser ist der Bundesvorsitzende Frank Überall. Überall ist Mitglied der CDU. Und auch wenn er keine Gelegenheit ausläßt, journalistische Verantwortung anzumahnen, scheint ihm selbst doch sein Parteibuch näher zu sein als seine postulierten Ethikstandards.

Eine Gruppe von Verbandsmitgliedern beschuldigt Überall laut Branchendienst kress.de, die Interessen der Regierung über die seiner Journalistenkollegen zu stellen. Der frühere Landesvorsitzende des DJV Baden-Württemberg Peter Welchering warf ihm coram publico vor, im Namen des Bundesverbandes für die umstrittene EU-Urheberrechtsreform geworben zu haben, die den Interessen von Journalisten diametral wiederspreche. Daß Überall im Namen des DJV für die EU-Reform spreche, sei durch keinen Gremienbeschluß legitimiert. Auch der NRW-Landesverband kritisierte Überall dafür.

Seinen Kritiker bezeichnete der DJV-Chef kurzerhand als „Troll“.

Erst im März hatte der Bundesvorstand eine Pressemitteilung verbreitet, in der die Urheberrechtsverschärfung hoch gelobt wurde und das mit auffällig ähnlichen Worten wie der CDU-Europadelegierte Axel Voss, der mit seiner Kampagne große Teile der Internetnutzer gegen sich aufbrachte. Auch auf Überall ging ein Wuthagel aus Journalistenkreisen nieder.

Doch der Bundesvorsitzende wischte die Argumente der Reformgegner einfach weg und ging nicht darauf ein, beklagt Welchering gegenüber kress.de. Er und andere Journalisten distanzierten sich öffentlich von den Erklärungen Überalls. Zum Dank bezeichnete dieser seinen Kritiker aus Baden-Württemberg im Interview als „Troll“. Der Streit schadet der Darstellung des Verbandes in der Öffentlichkeit. Wie Überall persönlich zu der heiklen EU-Neuregelung steht, ist seine Sache. Aber daß er diese nicht ungefragt im Namen des Bundesverbandes äußern kann, müßte er als Journalist eigentlich wissen.