© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/19 / 28. Juni 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Man kennt sich, man berät sich
Paul Rosen

Die Nichtregierungsorganisation (NGO) Transparency International kämpft laut eigener Darstellung gegen Korruption und finanziert sich „im wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen individueller und kooperativer Mitglieder, Förderbeiträgen, Spenden und Bußgeldern“, wie es auf der Internetseite heißt. Solche NGOs sind im Bundestag hochwillkommen; Fraktionen schätzen sie als unabhängige Ratgeber und laden sie zu öffentlichen Anhörungen ein. So forderte Adelheid Stösser als Vertreterin von Transparency International zuletzt bei einer Anhörung des Rechtsausschusses wirksame Regeln und Strukturen zum Schutz vor Korruption bei rechtlicher Betreuung.  

Doch gerade Stössers Arbeitgeber ist nicht so unabhängig, wie er sich in der Öffentlichkeit gibt: „Die Nichtregierungsorganisation Transparency International hat seit 2008 über sieben Millionen Euro für verschiedene Projekte von der Bundesregierung erhalten“, zitiert der Pressedienst des Bundestags aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage. In den veröffentlichten Gewinn- und Verlustrechnungen von Transparency International tauchen die Regierungszahlungen nicht auf. Die jährlichen Einnahmen werden mit etwas über 550.000 Euro angegeben, obwohl die Organisation zum Beispiel 2017 vom Umweltministerium 1,043 Millionen Euro für das Projekt „Integrität von Klima-Governance: Klima und Klimafinanzierung vor Korruption schützen“ erhielt. 

Auch in anderen Bundestagsausschüssen kann die Unabhängigkeit von Sachverständigen in öffentlichen Anhörungen in Zweifel gezogen werden. Als es kürzlich im Bundestags-Finanzausschuß um die Target-Salden ging, die sich zu Lasten Deutschlands im Europäischen Zahlungssystem aufgebaut haben, bestritt der Sachverständige Gerhard Schick von der „Bürgerbewegung Finanzwende“ (auch so eine NGO), daß es eine innereuropäische Umverteilung gebe. Schick ist im Finanzausschuß kein Unbekannter: Über viele Jahre war er als finanzpolitischer Sprecher der Grünen Mitglied des Ausschusses. Mit lautem Hallo von anderen Abgeordneten begrüßt, lieferte Schick die erwartete Munition gegen die kritischen Vorstellungen von FDP und AfD zu den Target-Salden. 

Auch die Deutsche Bundesbank verteidigte das Target-System, durch das andere EU-Länder, vor allem Italien, Deutschland 900 Milliarden Euro schulden, „als unverzichtbaren Bestandteil unserer Währungsunion“. Vortragender für die Bundesbank war Vorstandsmitglied Burkhard Balz. Balz wurde von der CDU freudig begrüßt: Saß er doch für die Partei zehn Jahre lang im Europäischen Parlament, ehe er im Bundesbank-Vorstand einen Posten erhielt, wo er auf seinen früheren EP-Kollegen Joachim Wuermeling (CSU) und auf Johannnes Beermann, einen ehemaligen CDU-Staatsminister aus Sachsen, traf. 

Eingerahmt von solch politisch profilierten Vorständen wundert es nicht, daß  Präsident Jens Weidmann inzwischen positive Aspekte am Anleihen-Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank entdeckte.