© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/19 / 28. Juni 2019

Grüße aus Brüssel
Wodka, Lachs und Kaviar
Albrecht Rothacher

Nord Stream 2 („Eine europäische Pipeline – Energie-infrastruktur für die Zukunft“) lud zum Sommerfest  in ein edles Gartenlokal, im Palais Royal direkt am Königspalast. Eine erlauchte Gesellschaft von Energielobbyisten fand sich ein. Wodka, Kaviar, Lachs, alles vom feinsten. Für eine nette musikalische Umrahmung war gesorgt. Irgendwann war leider der Champagner alle. Hübsche Russinnen waren auch da, aber eher dezent im Hintergrund. 

Der wichtigste Mann des Abends: Putin-Freund Matthias Warnig als Chef des Unternehmens, mit Rosneft und Gazprom bestens verbunden. Er wirkt wie ein netter, freundlicher Onkel-Typ, etwas übergewichtig und ein bißchen unsicher, als er in schlechtem Englisch die Gäste begrüßt. Er hat Angst vor neuen Sanktionen des US-Senats, die seine Lieferanten und Teilhaber bedrohen,  und vor einer neuen EU-Energierichtlinie, die ihm das Leben schwerer macht und angeblich sein Gas verteuert.

„Eine nette Sommernacht – gezahlt haben deutsche und russische Erdgasverbraucher.“

Es fällt ihm sichtbar leichter,  mit Wladimir Tschischow, Rußlands Langzeit-Botschafter in Brüssel, zu plaudern. Nach seiner Rede ist einer der mächtigsten Männer der russischen Energieszene locker ansprechbar. Natürlich kennt man seine Biographie. Als Stasi-Offizier war er in Düsseldorf im Westeinsatz gewesen, kannte Putin aus Dresdner Tagen und hatte dann als Filialchef der Dresdner Bank in St. Petersburg etliche Privatisierungsgeschäfte mit Vizebürgermeister Putin durchgezogen. Die Männerfreundschaft mit Gerhard Schröder und seinen hannoverschen Knechten Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier kam praktisch dazu. 

Während Warnig bei einem Bierchen auf dem Sofa Hof hält, kümmern sich seine PR-Leute um die Gäste. Sein Pressesprecher ist sehr traurig: Warum hat Nordstrom 2 so eine schlechte Presse? Nur weil man Polen, Weißrußland und die Ukraine als Transitländer ausbooten will? Was kann er besser machen, wo das Erdgas in Deutschland nun so billig werden soll? 

Eine ketzerische Idee überkommt mich: Wo mit so viel Geld herumgeworfen wird, sollte ich nicht auch anheuern und Warnig mit meinem Lebenslauf beehren? Doch bevor ich noch irgendeinen Unfug mache, nehme ich noch einen herzhaften Wodka zur Brust und mache mich mit einigen Werbebroschüren bewaffnet in Richtung U-Bahn auf den Heimweg. Eine nette, laue Sommernacht geht zu Ende. Gezahlt haben deutsche und russische Erdgasverbraucher.