© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/19 / 28. Juni 2019

Weltumspannende Geschäfte
Plastikmüll: Oftmals gravierende Mängel beim Recycling in Vietnam oder Kambodscha
Jörg Sobolewski

Als Ende 2017 die Volksrepublik China den Import von Plastikmüll massiv einschränkte, fiel ein Schlaglicht auf eine Branche, die naturgemäß eher im Hintergrund agiert. Niemand beschäftigt sich gern mit Abfall. Dabei ist Müll, zumal Plastikmüll, eine global gehandelte und teilweise sogar begehrte Ware. 

Das Konzept dahinter: Recyceltes Plastik in Pellet-Form ist günstiger als neues Plastik und daher für Produzenten neuer Ware ein attraktiver Rohstoff. So würde, so der Idealfall, die Produktion neuer Plastikprodukte nahezu umweltneutral geschehen, zumindest, was das Müllaufkommen angeht.

Tatsächlich hat sich auch technisch in dieser Richtung viel getan, die Zahl der Plastikprodukte in Deutschland, die „thermisch verwertet“ (vulgo: verbrannt) werden müssen, geht eigentlich zurück. 

Allerdings wird der Ausbau der Recyclingquoten von mehreren Problemen erschwert, deren größtes die Verunreinigung und Vermischung ist. Es muß also im Regelfall weiterhin in menschlicher Handarbeit Plastik sortiert und getrennt werden. 

Auf der Suche nach günstigen Arbeitskräften hat der globale Export von Plastikmüll gigantische Ausmaße angenommen. Plastik aus der ersten Welt findet sich mittlerweile in der Türkei, Vietnam und dem Senegal, um nur einige Zielländer zu nennen. Dort soll der Plastikmüll, so zumindest die beteiligten Recyclingunternehmen, kostengünstig getrennt und in Pelletform wieder aufbereitet werden. Tatsächlich ist dies auch häufig der Fall, gerade in China sind die Fabriken hungrig nach dem Rohstoff Plastik – die Nachfrage ist also da. 

Allerdings erfolgt die Wiederaufbereitung häufig unter miserablen Arbeitsbedingungen. Reporter des Guardian deckten nun gravierende Mängel bei Betrieben in Vietnam und Kambodscha auf, bei denen häufig das nicht nutzbare Plastik einfach ins Meer gekippt oder an Ort und Stelle verbrannt wurde. Auch in Deutschland machte die Umweltschutzorganisation Greenpeace darauf aufmerksam, daß Plastikmüll aus Deutschland auf illegalen Deponien in Malaysia endet, anstatt bei Recyclingunternehmen aufbereitet zu werden.

Lediglich 36 Prozent werden wiederverwertet 

Tatsächlich rühmt sich Deutschland seiner leistungsfähigen Recyclingindustrie; die Wiederverwertungsquote beträgt tatsächlich jedoch lediglich 36 Prozent. Der Rest wird entweder als Brennstoff verfeuert, was immerhin Öl und Gas spart, oder er wird exportiert. 

Die Branche weiß um dieses Problem, spielt den Ball jedoch an die Produzenten zurück: „Wenn eine einzige Verpackung aus 20 bis 30 verschiedenen Materialien besteht, dann ist Recycling teuer und die Endprodukte lassen sich kaum verkaufen“, so der Präsident des Branchenverbandes BDE, Peter Kurth, zur Deutschen Welle. Was in Deutschland keinen Abnehmer finde, das werde eben ins Ausland verkauft. 

Im ganzen waren das im vergangenen Jahr nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) rund eine Million Tonnen im Wert von etwa 350 Millionen Euro. Die größten Empfänger des Plastikmülls sind Malaysia mit 13 Prozent und die Niederlande mit zwölf Prozent.

Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und NABU fordern bereits seit einiger Zeit ein internationales Exportverbot von Plastikabfällen niederer Qualität. Rechtlich wäre dies über eine Änderung der sogenannten Basler Konvention problemlos möglich. 

Diese internationale Konvention, die 180 Staaten unterzeichnet haben, verbietet die internationale Verbringung von gefährlichen Abfällen. Bislang fallen besagte Plastikgemische nicht darunter.