© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/19 / 28. Juni 2019

Knapp daneben
Sind die Millennials müde?
Karl Heinzen

Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahrzehnten geglaubt, auf den Standort Deutschland vertrauen zu dürfen. Mochte auch die Infrastruktur bröckeln, die Steuerlast wachsen, die Bürokratie ausufern und die Energie immer teurer werden: All dies ließ sich irgendwie ertragen, weil man ja auf Beschäftigte zählen konnte, die hoch motiviert, gut ausgebildet, diszipliniert und noch dazu sehr einsichtig waren, wenn es darum ging, übertriebene Einkommenserwartungen im Zaum zu halten. 

Dies ist nun, wie die Studie „Working Better Together“ der dänischen Beratungsgesellschaft Peakon nachweist, vorbei. 40 Millionen Datensätze von Beschäftigten aus 125 Ländern wurden für sie ausgewertet. Gut sechs Prozent davon stammten aus Deutschland. Das Ergebnis ist für die Personalabteilungen von Unternehmen wenig ermutigend.

Unser Wohlstand ist nicht in Gefahr. Für ihn arbeiten schließlich die Chinesen.

Ihnen war zwar bereits bewußt, daß die als „Generation Z“ bezeichneten Geburtsjahrgänge ab 1995 für ein Erwerbsleben im herkömmlichen Sinn weitestgehend ausscheiden, da sie bildungsfern aufgewachsen sind, jenseits von Partys keine Teamtätigkeit kennen und lediglich eine Verhundertfachung des Taschengeldes anstreben, ohne dafür den Lebensstil ändern zu müssen. Alle Hoffnungen ruhten jedoch auf den sogenannten „Millennials“, die zwischen 1981 und 1995 geboren wurden, galten sie doch als hochflexibel und leistungswillig, solange sie sich einbilden konnten, man arbeite nicht bloß, um Geld zu verdienen, sondern weil es Spaß macht. Diesen Glauben haben sie, wie die Peakon-Studie, zeigt, unterdessen wohl verloren, ohne daß man es ihnen übelnehmen könnte. 

Arbeit ist kein Vergnügen, und eine Leistungsgesellschaft kann nicht verlangen, daß die Menschen, die sie knechtet, sich auch noch selbst betrügen. Ihre Stabilität beruht vielmehr auf der Angst vor Verelendung, die jeder zu empfinden hat, der sich nicht an ihre Spielregeln hält. Den Beschäftigten im Alter zwischen 20 und 40 wird dies hierzulande und anderswo in der westlichen Hemisphäre niemand mehr beibringen können. Unser Wohlstand ist aber nicht in Gefahr. Für ihn arbeiten schließlich die Chinesen.