© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/19 / 05. Juli 2019

Explosive Mischung
CDU: Die Düsseldorfer Frauen-Union lädt Hans-Georg Maaßen ein / Weiterer Zündstoff für Streit zwischen Konservativen und Progressiven
Werner Becker

Eine Einladung der Düsseldorfer Frauen Union (FU). Ein prominenter Referent, mit CDU-Parteibuch, eingeladen für den 26. Juli. Nichts Außergewöhnliches, könnte man meinen. Dennoch könnte diese Einladung dafür sorgen, daß der ohnehin schon heiße Sommer zumindest bei der CDU in Düsseldorf noch heißer wird. 

Denn der Referent ist kein Geringerer als Hans-Georg Maaßen. Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist seit 1978 Christdemokrat – und seit spätestens 2015 Kritiker der Zuwanderungspolitik Angela Merkels. Im Herbst vorigen Jahres sorgte er kräftig für Schlagzeilen, als er davon sprach, daß es in Chemnitz keine Hetzjagden von Neonazis gegeben habe. Eine Aussage, die die Bundesregierung ins Mark traf. Schließlich hatte sie über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert zuvor genau das Gegenteil verkünden lassen. Nun zieht Maaßen quer durch die Bundesrepublik, besucht Veranstaltungen, hält Vorträge. Demnächst also auch in Düsseldorf. 

Machtkampf wird mit erbitterter Härte geführt

Und das ausgerechnet bei der Frauen-Union. Jener Unionsvereinigung, die als Hausmacht von Bundeskanzlerin Angela Merkel gilt. Doch damit nicht genug. Denn Kreisvorsitzende der FU Düsseldorf ist ausgerechnet Sylvia Pantel, die auch als Sprecherin des bei Merkel verhaßten konservativen Berliner Kreises fungiert. 

Maaßen und Pantel im Zusammenhang mit einer Veranstaltung der sonst merkeltreuen Frauen-Union, das ist eine explosive Mischung. Zum einen, weil Pantel auch dem FU-Bundesvorstand angehört und gleichzeitig als enge Unterstützerin der merkelkritischen Werte-Union gilt. Und Mitglied der Werte-Union ist: Hans-Georg Maaßen. 

Zum anderen, weil zusammen mit Pantel eine weitere Person als Bundesvize der FU fungiert: die heutige CDU-Chefin und Merkels Wunschnachfolge-Kandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer. 

Prompt meldet sich auch die NRW-Landesvorsitzende der Frauen-Union, Ina Scharrenbach, zu Wort. „Angesichts von Bedrohungen gegen Kommunalpolitiker, Verrohung in der Sprache und anderen Entgleisungen in der politischen Auseinandersetzung jemandem ein Forum zu geben, der anscheinend auf dem rechten Auge eine Sehschwäche hat, ist für mich inakzeptabel“, greift die ihren „Parteifreund“ Maaßen öffentlich an. Scharrenbach gilt als enge Vertraute von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, fungiert zudem als dessen Vizechefin der Landes-CDU. 2012 per Liste in den Landtag eingezogen, verlor sie ihr Mandat fünf Jahre später wieder. Laschet fing sie auf, ernannte sie zur Gleichstellungsministerin. 

Was zunächst nur als Konflikt innerhalb der Frauen-Union ins Auge fällt, ist in Wirklichkeit mehr. Es ist ein Machtkampf zwischen konservativen und progressiven Kräften innerhalb der CDU, der wie in einem Brennglas besonders in der Düsseldorfer Union seit Jahren mit erbitterter Härte geführt wird. Mit Sylvia Pantel und Thomas Jarzombek stellt die CDU hier zwei Bundestagsabgeordnete. Sie steht der Werte-Union und dem konservativen Flügel nahe. Er tickt linksliberal, gilt als enger Vertrauter des ehemaligen CDU-Generalsekretärs Peter Tauber, mit dem er gemeinsam 2012 Gründungsvorsitzender von „C-Netz – Verein für Netzpolitik“ wurde. Der Verein zählt zwar nur wenige hundert Mitglieder. Die sind jedoch um so prominenter. Mit Kanzleramtsminister Helge Braun, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sowie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sind in ihm die maßgeblichen Unterstützer des Linkskurses von Angela Merkel vertreten. 

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 hatte das Jarzombek-Lager erfolgreich gegen Pantel interveniert, um sie bei der Listenaufstellung nicht auf einem vorderen Platz zu berücksichtigen. Das Vorhaben entpuppte sich als Pyrrhussieg, Pantel gewann in ihrem Wahlkreis das Direktmandat.

Darüber hinaus gehört mit Frank Sarfeld auch eine zentrale Figur der sogenannten Union der Mitte (UdM) zur Düsseldorfer CDU. Die UdM versteht sich als Gegenpol zu der von Pantel unterstützten Werte-Union, die Sarfeld auch schon mal mit unlauteren Methoden angreift. So hatte der in konservativen Kreisen oftmals ironisch als „PR-Vollprofi“ verspottete Merkel-Anhänger behauptet, die meisten Mitglieder der Werte-Union würden gar nicht der CDU angehören. Eine Falschbehauptung, gegen die die Werte-Union eine einstweilige Verfügung erwirkte. Sarfeld unterschrieb eine Unterlassungserklärung, mußte seine auf Twitter und Facebook getätigten Äußerungen richtigstellen. 

In dem Düsseldorfer Unionsscharmützel wäre das nur eine Petitesse, wäre da nicht eine pikante Beziehung, auf die Sarfeld am Rande einer CDU-Veranstaltung angespielt haben soll, die ein Kreis von Christdemokraten bestätigen kann. Demnach stand er zumindest zeitweise als Mitarbeiter in den Diensten von Armin Laschets Düsseldorfer CDU-Landesgeschäftsstelle. „Er erwähnte, daß sein Hund mit dem eigentümlichen Namen ‘Petrus von Pempelforth’ während seiner Arbeit dort in den Räumen der Landesgeschäftsstelle sein eigenes Körbchen und einen Hundenapf gestellt bekam“, meint etwa ein Unionsfunktionär, dem der Vorfall aufgrund des eigenwilligen Hundenamens gedanklich haften geblieben ist. 

Das nährt einen weiteren Gedanken, der bei den Konservativen schon länger im Raum steht: Ist die UdM gar aus dem Funktionärsapparat der CDU-Führung heraus entstanden? Ein Twitter-Eintrag des UdM-Sprechers Stephan Bloch, der übrigens nach der Wahl Tilman Kubans  zum neuen Vorsitzenden der Jungen Union aus selbiger ausgetreten war, legt das zumindest nahe. Dort heißt es unter anderem: „Wir haben sogar zusammen mit der Parteiführung diesen Weg gewählt, nach Bitten darum.“ Der 26. Juli 2019 könnte in der Düsseldorfer CDU sehr heiß werden. Für manche vielleicht zu heiß.