© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/19 / 05. Juli 2019

Frisch gepresst

Kollaboration. Das Handbuch, das der Münchner Militärhistoriker Franz W. Seidler 1999 zur Geschichte der europäischen Kollaboration mit dem nationalsozialistischen Deutschland vorlegte, hat für seinen Kieler Kollegen Klaus Kellmann trotz seiner stattlichen 600 Seiten das Thema bei weitem nicht erschöpft. Zumal Seidler personalgeschichtlich vorging und eine „zeitgeschichtliche Dokumentation“ in Form einer Sammlung von 209 Biographien zumeist so prominenter Unterstützer des NS-Reiches wie Vidkun Quisling, Jacques Doriot, Andrej A. Wlassow oder Ezra Pound und Knut Hamsun vorlegte. Namen, von denen die meisten auch bei Kellmann auftauchen, aber eingebettet sind in 24 Länderportraits, die das jeweilige pronationalsozialistische Milieu rechter europäischer Strukturen und Bewegungen der Zwischenkriegs- und Kriegszeit aufzeigen. Der Autor schlägt als „Mitglied und Nachfahre der Täternation“ sofort einen hohen moralischen Ton an und versteht sein Werk als Anstoß zur „Aufarbeitung der Vergangenheit“ vornehmlich in Mittel- und Osteuropa, wo zu diesem Kapitel nationaler Geschichte „teilweise noch gelogen wird, daß sich die Balken biegen“. Aber ohne Aufarbeitung der Schuld, die dem „Schlüssel- und Entscheidungsprojekt des 21. Jahrhunderts“, der Ausbildung europäischer Identität diene, sei das „gemeinsame Haus Europa auf Sand gebaut“. (ob)

Klaus Kellmann: Dimensionen der Mittäterschaft. Die europäische Kollaboration mit dem Dritten Reich, Böhlau Verlag, Köln 2019, gebunden, 666 Seiten, Abbildungen, 50 Euro





Kosovo 1999. Innerhalb der neunziger Jahre vollzog die Bundeswehr einen Wandel. Was 1991 mit dem humanitären Einsatz von 18 Sanitätssoldaten in Kambodscha begann und sich mit „Stabilisierungsmissionen“ in Somalia oder Bosnien fortsetzte, sollte 1999 im ersten Kampfeinsatz der Luftwaffe gegen Jugoslawien münden, dem sich ab dem 12. Juni die Kfor-Mission zur Besetzung des Kosovo anschloß. Werner Pfeil, der als Hauptfeldwebel eines verstärkten Jägerbataillons als einer der ersten die Grenze von Mazedonien in den Kosovo überschritt, beschreibt anschaulich und offenherzig den Ablauf der Geschehnisse. Dabei schildert er auch eingehend die Ängste der deutschen Soldaten, die erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg in ein von feindlichen Kräften kontrolliertes Gebiet eindrangen. (bä)

Werner Pfeil: Ein Sommertag im Krieg. Mein D-Day im Kosovo. Lau Verlag, Reinbek 2019, gebunden, 237 Seiten, Abbildungen, 22,95 Euro